Krebswarnung per Leuchtfeuer
Hoffnung auf neue Früherkennung: Fluoreszierendes Molekül entlarvt Defekte im Tumorwächter-Gen
Je früher eine Krebserkrankung erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Entsprechend dringlich ist der Wunsch nach einer schnellen, einfachen und dabei kostengünstigen Routinemethode zur Früherkennung. Ein diagnostisches Verfahren, das von einem Heidelberger Forscherteam um Markus Sauer entwickelt wurde, könnte diese Wünsche erfüllen.
Ausgangspunkt ist das Gen p53, auch als „Wächter des Genoms“ bezeichnet, da es verhindern kann, dass aus einer gesunden Zelle eine Tumorzelle wird: Wird das Erbgut einer Zelle geschädigt, „liest“ die Zelle das Gen p53 vermehrt ab. Das Genprodukt, das p53-Protein, hemmt die Zellteilung so lange, bis der Schaden wieder repariert ist oder – wenn irreparabel – die Zelle abstirbt. So wird das unkontrollierte Wachstum entarteter Zellen verhindert. Gefährlich wird es immer dann, wenn p53 selber einen Defekt erleidet und seine Aufpasserfunktion nicht mehr erfüllt.
„Es ist bekannt, dass bei 60 bis 80 % aller Tumore Mutationen im Gen p53 auftreten,“ berichtet Sauer. Das Immunsystem reagiert auf die nach der falschen „Anleitung“ zusammengebauten p53-Proteine, indem es gegen sie gerichtete Autoantikörper bildet. Sauer: „Das Auftreten der p53-Autoantikörper im Blutserum deutet mit nahezu 100 %iger Sicherheit auf eine bösartige Tumorerkrankung hin.“ Wie sich herausstellte, sind die Antikörper insbesondere gegen zwei bestimmte kurze Abschnitte am einen Ende des Proteins gerichtet. Hier setzten die Wissenschaftler an. Sie bauten diese Sequenzen nach und versahen sie mit einem Fluoreszenzfarbstoff. Beide so konstruierten Fluoreszenzsonden binden an die p53-Autoantikörper. Der entscheidende Clou: Ist kein Antikörper in der Nähe, liegen die Sonden in einer Schleifenform vor, da sich ihr Farbstoff-Ende an eine strukturell passende Aminosäure am anderen Ende der Sonde anheftet. In diesem Zustand kann der Farbstoff nicht leuchten. Koppeln die Sonden jedoch an den Antikörper, wird die Schleifenstruktur aufgehoben – der Farbstoff leuchtet wieder, wenn er mit Laserlicht bestrahlt wird. Mit Hilfe moderner hochempfindlicher fluoreszenzmikroskopischer Verfahren ist es möglich, einzelne dieser „Leuchtmoleküle“ in einem winzigen Blutströpfchen minutenschnell nachzuweisen.
Sauer: „Im Vergleich zu den bisherigen Nachweisverfahren für p53-Autoantikörper ist unser Verfahren wesentlich schneller und kostengünstiger. Aufgrund des homogenen Test-Formats erhoffen wir uns außerdem weniger falsch-positive Ergebnisse. Damit eröffnen sich neue diagnostische Wege zur Früherkennung von Krebs sowie zur Verlaufskontrolle von Tumortherapien.“
Kontakt: Priv.-Doz. Dr. M. Sauer
Physikalisch-Chemisches Institut
Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 253
D-69120 Heidelberg
Fax: (+49) 6221-54-4225
E-mail: sauer@urz.uni-heidelberg.de
Angewandte Chemie Presseinformation Nr. 24/2002
Angew. Chem. 2002, 114 (24), 4964 – 4968
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