Anti-Stress-Programm hilft Diabetikern

Diabetiker, die durch ein „Anti-Stress-Training“ besser entspannen und den psychischen Umgang mit ihrer Erkrankung lernen, haben langfristig möglicherweise weniger gesundheitliche Schäden und psychische Probleme. Zu diesem Ergebnis kommt die Heidelberger Diabetes und Stress-Studie (HeiDis), die erste kontrollierte klinische Studie, die den Effekt der Stressreduktion bei Diabetikern untersucht.

Ihre Ergebnisse nach einem Jahr Therapie sind jetzt veröffentlicht worden: Die Teilnehmer an der achtwöchigen Anti-Stress-Gruppentherapie mit wöchentlichem Übungsprogramm waren nach einem Jahr weniger depressiv und körperlich fitter, hatten z.B. einen niedrigeren Blutdruck. Allerdings war ihre Eiweiß-Ausscheidung, die mit nachlassender Nierenfunktion zunimmt, unverändert – bei der unbehandelten Kontrollgruppe hatte sich diese weiter verschlechtert.

„Eine zuverlässige Aussage über den Effekt der Therapie auf den physischen Zustand ist erst nach Abschluss der Studie in vier Jahren möglich“, erklärt Professor Dr. Wolfgang Herzog, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik des Psychosozialen Zentrums am Universitätsklinikum Heidelberg.

„Wir sind aber schon jetzt sicher, dass die psychische Situation der zuckerkranken Patienten durch ein wöchentliches Antistress-Programm verbessert werden kann.“

Unterstützung durch Manfred-Lautenschläger-Stiftung

Die Ergebnisse der HeiDis-Studie, an der insgesamt 110 Diabetiker, Männer und Frauen, teilnahmen, wurden in der Zeitschrift „Diabetes Care“ veröffentlicht. Die Studie wird von der Manfred-Lautenschläger-Stiftung gefördert.

Gemeinsam mit der Abteilung Endokrinologie an der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg unter Leitung von Professor Dr. Peter Nawroth wurden für die HeiDis-Studie Patienten rekrutiert, die seit Jahren an Diabetes litten und ein hohes Risiko für Komplikationen hatten. Diese Patienten haben besonders häufig Depressionen und Ängste, da sie ihre Erkrankung als einschränkend und bedrohlich erleben. Zusätzliche Gesundheitsprobleme durch Gefäßschäden, z.B. an Herz und Augen, sind ebenfalls häufig.

Hinweise dafür, dass ein Anti-Stress-Programm Schäden verhindern kann, fand Professor Nawroth und sein Forschungsteam in Tierversuchen sowie in einer Pilot-Studie vor fast zehn Jahren: Testpersonen unter Stress zeigten nicht nur hohe Stress-Hormonspiegel, sondern aktivieren das Schlüsselmolekül, den sogenannten Transkriptionsfaktor NF-kappaB, der Entzündungen und Abbauprozesse auslöst. Die Hypothese, die HeiDis nun testet, lautet im Umkehrschluss: Kann weniger Stress gesundheitliche Schäden verhindern?

Erhöhung der Achtsamkeit durch Atem- und Meditationsübungen

Durch Erhöhung der Achtsamkeit zielte das Antistress-Programm darauf ab, dass die Patienten ihre Erkrankung einschließlich der unangenehmen Erscheinungen besser akzeptieren und sich darüber austauschen. In acht wöchentlichen Abendtreffen, die jeweils gemeinsam von einer Psychologin und Ärztin geleitet wurden, lernten die Patienten ihre Erkrankung neu erleben. Dabei halfen Atem- und Meditationsübungen ebenso wie Übungen im Umgang mit kritischen Situationen, z.B. einer Unterzuckerung, und medizinische Information. Als Konsequenz litten die Patienten seltener an Depressionen, wie die Auswertung von Fragebögen ergab; ihr körperlicher Zustand verbesserte sich durch eine Senkung des Blutdrucks und die Reduktion weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren.

Die Teilnehmer bewerteten ihre Therapie überwiegend als positiv; ihre Lebenseinstellung zu der Erkrankung habe sich geändert, sie wollten nun insgesamt bewusster und aufmerksamer leben. Jeder zweite Teilnehmer war an einer Fortsetzung der Therapie interessiert.

Publikationen zum Konzept und zur Studie:

Faude-Lang V, Hartmann M, Schmidt EM, Humpert PM, Nawroth P, Herzog W. Akzeptanz- und achtsamkeitsbasiertes Gruppenkonzept für Patienten mit fortgeschrittenem Diabetes Typ 2: Konzept und praktische Erfahrungen. PsychotherPsych Med. 2010;60:185-189.

Hartmann M, Kopf S, Kircher C, Faude-Lang V, Djuric Z, Augstein F, Friederich HC, Kieser M, Bierhaus A, Humpert PM, Herzog W, Nawroth PP. Sustained effects of a mindfulness-based stress-reduction intervention in type 2 diabetes patients: Design and first results of a randomized controlled trial (the HEIDIS-Study). Diabetes Care published ahead of print February 14, 2012, doi:10.2337/dc11-1343

Information im Internet zur Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik :

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Klinik-fuer-Allgemeine-Innere-Medizin-und-Psychosomatik.1088.0.html

Kontakt:
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Tel.: 06221 56-8999
E-Mail: mechthild.hartmann@med.uni-heidelberg.de
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Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 11.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

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Leiterin Unternehmenskommunikation / Pressestelle
des Universitätsklinikums Heidelberg und der
Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
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