Weniger Emissionen bei der Glasproduktion

Forschende vor einem Ofen in den Versuchsanlagen für Glastechnologie.
Detlev Müller
Foto: TU Bergakademie Freiberg / D. Müller
TU Freiberg testet alternative Rohstoffe.
Forschende der TU Bergakademie Freiberg erproben, wie Glas ohne kohlenstoffhaltige Ausgangstoffe hergestellt werden kann. Als Ersatz für die karbonatischen Rohstoffe testen sie den Einsatz von oxydischen oder hydroxydischen Rohstoffen in einem neuen Forschungsprojekt. Sollten die getesteten Methoden Anwendung finden, könnten die Kohlendioxid-Emissionen in der Behälter- und Flachglasindustrie deutlich reduziert werden.
Neben recycelten Scherben wird Glas bisher aus Sand, Natriumkarbonat (Soda) und Kalziumkarbonat (Kalk) hergestellt. Beim Erhitzen bilden diese Karbonate die entsprechenden Oxide und geben dabei Kohlenstoffdioxid ab. Die Oxide reagieren bei Temperaturen von bis zu 1.550 Grad Celsius miteinander und bilden eine glasige Schmelze.
Doch warum werden die karbonatfrein Rohstoffe nicht schon jetzt in der Glasindustrie eingesetzt? „Die oxydischen und hydroxidischen Rohstoffe neigen dazu, in der sogenannten Glasschmelzwanne zu verstauben und vorher beim Lagern anzubacken. Das erschwert den Umgang mit der Mischung“, erklärt Dr. Khaled Al Hamdan, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Glas und Glastechnologie der TU Bergakademie Freiberg. Wie der Prozess optimiert werden kann, um Anbackung, Verkleben und Verstaubung zu minimieren, untersuchen die Forschenden nun im neuen Forschungsprojekt.
Emissionen durch Einsatz von Feinscherben weiter senken
Außerdem testet das Team, wie der Anteil an Altglas, insbesondere feiner Scherben, unter Nutzung der oxidischen beziehungsweise hydroxidischen Rohstoffen im Prozess weiter erhöht werden kann. „Werden Feinscherben eingesetzt, neigt die Schmelze in der Glaswanne zur Schaumbildung. Wir vermuten, dass die kohlenstofffreien, alternativen Rohstoffe diese Tendenz zur Schaumbildung verringern und darum einen höheren Anteil an Feinscherben erlauben“, so Dr. Khaled Al Hamdan.
In den kommenden 18 Monaten wollen die Forschenden den neuen Prozess in einer Versuchsanlange im Labor-Maßstab sowie bei den beteiligten Industriepartnern durchspielen. Sollten sich die getesteten Maßnahmen zur Dekarbonatisierung in der Glasherstellung als geeignet erweisen, könnten künftig rund 0,66 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid eingespart werden. Das entspricht etwa dem durchschnittlichen Jahresumsatz von 137.500 Menschen. Durch den erhöhten Einsatz von Feinscherben können wertvolle Primärressourcen geschont und der mit dem Schmelzprozess einhergehende CO2-Ausstoß weiter reduziert werden.
Hintergrund: Forschungsprojekt gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das neue Forschungsprojekt an der TU Bergakademie Freiberg und der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (Prof. Dr. Ing. Sven Wiltzsch) mit insgesamt 346.000 Euro. Projektpartner aus Glasindustrie und Anlagenbau sind die Glashütte Freital GmbH sowie die Zippe Industrieanlagen GmbH.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Khaled Al Hamdan, khaled.alhamdan@igt.tu-freiberg.de
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