Magnesiumschrauben für Kinderknochen

Bioimplantat aus Magnesium: Prototyp einer Kreuzbandschraube. HZG

Koordiniert wird das mit drei Millionen Euro ausgestattete Großprojekt vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG). Die verantwortliche Projektleiterin ist die Leiterin der HZG-Abteilung „Strukturforschung an Makromolekülen“, Prof. Dr. Regine Willumeit. In Geesthacht werden bereits seit längerem metallische Biomaterialien auf Titan- oder Magnesiumbasis erforscht und entwickelt.

Implantate aus dem Leichtmetall Magnesium unterstützen die Knochenregeneration und lösen sich im Körper nach definierter Zeit von allein wieder auf.

Sei es durch einen Sportunfall oder durch altersbedingten Verschleiß: Der Bedarf an Implantaten wie künstlichen Gelenken oder Platten und Schrauben zur Heilung von Knochenbrüchen nimmt ständig zu. Während es bei Hüftprothesen darauf ankommt, dass diese besonders lange halten, gibt es Bereiche, in denen es vorteilhaft ist, wenn sich das Implantat gezielt wieder auflöst. Da Kinder noch wachsen, ist der Einsatz derartiger Biomaterialien in der Kinderchirurgie von großem Interesse. Dasselbe gilt für die Behandlung von Verletzungen, wo zum Beispiel nur vorübergehend Bänder fixiert werden müssen.

Prototypen von Bio-Implantaten

Im neuen EU-Projekt MagnIM sollen Prototypen von abbaubaren Implantaten aus Magnesium-Legierungen getestet werden. Magnesium bietet sich an, da dieses Element ein natürlicher Bestandteil des Körpers und somit besonders gut verträglich ist. Das Material ist zudem fest und elastisch zugleich, das heißt, es kann den besonderen Anforderungen im Skelett angepasst werden.

Prof. Dr. Regine Willumeit erklärt worauf es bei der Entwicklung der Prototypen ankommt: „Wir brauchen Materialien, die sehr stabil sind, die über einen relativ langen Zeitraum hohe mechanische Festigkeit liefern. Zur Heilung sollte das Implantat dann komplett vom Knochen resorbiert, also aufgenommen werden können. Der Knochen nimmt dann den Platz dieses Implantates ein und man darf erwarten, dass man nicht mehr unterscheiden kann, ob in dem Knochen mal ein Magnesiumimplantat gesessen hat oder nicht.“

Doch vorher steht noch einige Entwicklungsarbeit auf dem Plan der Forscher. Dazu Dr. Norbert Hort, HZG-Abteilungsleiter im Bereich „Magnesiumtechnologie“: „Die Legierungselemente, zum Beispiel Gadolinium aus dem Bereich der Seltenen Erden, sorgen unter anderem für den gezielten Abbau durch Korrosion. Wichtig sind zudem die Gefüge- und Oberflächenbeschaffenheit, damit etwa die Knochenzellen gut einwachsen. Außerdem dürfen nur unbedenkliche Stoffe eingebaut werden. Aluminium zum Beispiel scheidet als Legierungspartner aus.“

Neuentwickelt: Bioreaktor für Laborversuche mit Magnesiumimplantaten

Ein wichtiger Teil der Arbeit von Regine Willumeit ist daher die biologische Verträglichkeit im Zellversuch zu testen. Überleben die Zellen den Kontakt mit dem Metall? Unter welchen Bedingungen läuft die Korrosion ab und wie lang dauert die Zersetzung? Ein speziell in Geesthacht entwickelter Bioreaktor spielt die Versuche realitätsnah durch. Für ihre Untersuchungen stehen den Forschern in Geesthacht rund 1,2 Millionen Euro der insgesamt 3,1 Millionen Euro aus Brüssel zur Verfügung. „Neben der Legierungsentwicklung und dem Ausbau der Laborversuche wollen wir mit dem Geld im HZG drei Nachwuchswissenschaftler fördern. Wir wünschen uns engagierte junge Leute, die sich in diesem zukunftsträchtigen Materialforschungsbereich promovieren.“, so Willumeit weiter.

Die Legierungen auf Magnesiumbasis entwickelt die Abteilung „Magnesiumtechnologie“ unter der Leitung von Dr. Norbert Hort. Die Abteilung von Prof. Dr. Regine Willumeit erforscht die Verträglichkeit der Legierungen im Zellversuch. Sie werden unterstützt durch Wissenschaftler aus Leuven und Prag. Mediziner an den Universitäten im Österreichischen Graz und Malmö in Schweden werden Verträglichkeitstest unter anderem an Ratten durchführen. Darüber hinaus gibt es Industriepartner in Deutschland und Finnland. Die Medizintechnikunternehmen werden die Implantat-Prototypen herstellen.

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