Hauchdünne Displays selbst gemacht

Displays für flexible Anwendungen: Mit Printscreen lassen sich berührungsempfindliche Bildschirme auf vielfältige Materialien drucken. So lässt sich auch eine Kunstblume mit einer Taste versehen, um eingehende Anrufe entgegenzunehmen. © Exzellenzcluster Multimodal Computing and Interaction

Wer bisher eine Grußkarte an die Liebsten drucken wollte, konnte diese nur durch bunte Grafiken, extravagante Schrifttypen und edles Papier aufwerten. Doch wie wäre es, wenn man auf dem heimischen Drucker gleich hauchdünne Bildschirme in das Papier einarbeiten könnte, die selber entworfene Symbole anzeigen oder sogar auf Berührungen reagieren?

Nicht nur das ermöglichen nun Saarbrücker Forscher unter anderem vom Max-Planck-Institut für Informatik. Sie haben einen Ansatz entwickelt, mit dessen Hilfe in der Zukunft jeder Laie Displays in beliebigen Formen auf verschiedene Materialien drucken und somit den Alltag völlig verändern könnte.

Die Postkarte zeigt ein historisches Automobil. Drückt man auf einen Knopf, leuchten Hinterachse und Lenkradstange in der gleichen Farbe auf. Möglich machen dies zwei Segmente auf einem flexiblen Display, die genau der Form der Autoteile entsprechen.

Saarbrücker Informatiker um Jürgen Steimle haben es auf einem handelsüblichen Tintenstrahldrucker ausgedruckt. Es ist elektrolumineszent: Legt man eine elektrische Spannung an, gibt es Licht ab. Dieser Effekt wird auch genutzt, um in Autos Armaturenbretter bei Nacht zu beleuchten.

Steimle leitet die Arbeitsgruppe „Embodied Interaction“ am Saarbrücker Exzellenzcluster „Multimodal Computing and Interaction“ und am Max-Planck-Institut für Informatik, in der auch Simon Olberding forscht. „Bisher war so etwas nicht möglich“, erklärt Olberding, „Displays wurden in Massen produziert, waren starr, hatten immer eine rechteckige Form.“

Genau das wollten Olberding und Steimle ändern. Der von ihnen entwickelte Prozess sieht wie folgt aus: Der Anwender entwirft mit einem Programm wie Microsoft Word oder Powerpoint eine digitale Vorlage für das gewünschte Display. Über die von den Saarbrücker Informatikern entwickelten Verfahren „Screen Printing“ und „Conductive Inkjet Printing“ kann er diese nun drucken.

Beide Verfahren haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, lassen sich aber von einer Person je nach Verfahren in nur wenigen Minuten oder in zwei bis vier Stunden durchführen. Das Druckergebnis sind relativ hochaufgelöste Displays, die nur 0,1 Millimeter dick sind. Eine Din A4-Seite voll zu bedrucken, schlägt mit rund 20 Euro zu Buche, am teuersten ist dabei die Spezialtinte.

Da sich mit den Verfahren auch Materialien wie Papier, Kunststoffe, Leder, Keramik, Stein, Metall und Holz bedrucken lassen, sind allerlei zweidimensionale, aber auch dreidimensionale Formen möglich. Die Anzeigen können dabei wahlweise, aus einem Segment (Fläche, Kontur, Muster, Rastergrafik), mehreren Segmenten oder unterschiedlich aufgebauten Matrizen bestehen. „Sogar berührungsempfindliche Displays können wir drucken“, sagt Olberding.

Die Anwendungsmöglichkeiten sind damit vielfältig: Diplays lassen sich so in nahezu jeden Alltagsgegenstand integrieren – nicht nur in Papierobjekte, sondern zum Beispiel auch auf Möbel und Einrichtungsgegenstände, Taschen oder am Körper getragene Gegenstände. So könnte man beispielsweise das Armband einer Uhr erweitern, damit es aufleuchtet, wenn eine Kurznachricht eintrifft.

„Wenn wir unseren Ansatz jetzt mit 3D-Druck kombinieren, können wir dreidimensionale Gegenstände drucken, die Informationen anzeigen und auf Berührungen reagieren“, erklärt Steimle.

Ansprechpartner 

Dr. Jürgen Steimle

Exzellenzcluster Multimodal Computing and Interaction

Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken

Telefon:+49 681 302-71935
 

Simon Olberding

Exzellenzcluster Multimodal Computing and Interaction

Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken

Telefon:+49 681 302-71937

Media Contact

Dr. Jürgen Steimle Max-Planck-Institut

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