Kleine und mittlere Werkstückserien sind im KTL-Verfahren lackierbar

Die kathodische Tauchlackierung (Kataphorese) ist ein elektrochemisches Verfahren (Elektrophorese), bei dem das Werkstück in einem Tauchbad beschichtet wird. Sie ist generell zum Lackieren einfacher und komplizierter Teile gut geeignet.

KTL bisher vor allem bei Großserien

Insbesondere bei Großserien hat sich das Verfahren etabliert. So wurde die Verbreitung dieses Oberflächenschutzes von der Automobilindustrie enorm gefördert, zum Beispiel in den USA, wo das Verfahren zum Beispiel bei Ford seit den sechziger Jahren zur Anwendung kommt. Das ist allgemein bekannt.

Was jedoch bislang kaum Beachtung findet, ist die Tatsache, dass sich das elektrophoretische Tauchlackieren bei sehr guter Oberflächenqualität auch für allgemeine Industrie-Anwendungen bestens eignet: unter anderem in der Apparatetechnik und bei mechanisch bearbeiteten Präzisionsteilen, auch bei kleineren Serien.

Das betrifft vor allem Substrate aus metallischen Werkstoffen wie Aluminium und VA-Stählen. Bei diesen Metallsubstraten werden exzellente physikalische Eigenschaften erzielt. Dabei ist besonders der erhöhte Korrosionsschutz zu nennen.

KTL gut geeeignet zum Aufbringen von dekorativen Lacken

Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sich das Verfahren nicht nur sehr gut zum Grundieren bei einem mehrschichtigen Lackaufbau eignet, sondern auch zum Aufbringen von Füllern, Deck- und dekorativen Lacken. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass in der Automobilindustrie Lackschichten mit Dicken von etwa 40 bis 50 µm üblich sind. In anderen Branchen sind sie mit rund 10 µm wesentlich dünner.

Das ist in der Regel ausreichend, um durch elektrophoretisches Tauchlackieren einen guten Kantenschutz bei ausgezeichnetem Umgriffverhalten zu erhalten. Dazu kommt die hohe Umweltverträglichkeit des Verfahrens: Als Lösemittel wird Wasser verwendet, das bekanntlich physiologisch harmlos und unbrennbar ist. Einzige Voraussetzung beim elektrophoretischen Verfahren ist, dass die zu lackierenden Substrate elektrisch leitend sein müssen.

Betreiben bei Niederspannung macht Vorbehandlung wichtig

Das Elektrotauchlackieren ist ein Verfahren, das elektrochemische Vorgänge nutzt, um Lackpartikel abzuscheiden. Der Prozess arbeitet im Wesentlichen nach dem Prinzip der gegenseitigen Anziehungskraft.

Die Lackabscheidung auf dem Werkstück wird infolge chemischer Umsetzungen – der sogenannten Koagulation – des Bindemittels ausgelöst. Dazu fließt elektrischer Strom: von einer Elektrode über den leitfähigen Lack zum Werkstück.

Die Lackabscheidung der kolloidalen Lackteile wird aufgrund des elektrischen Stromflusses und der dadurch bedingten Wasserelektrolyse ausgelöst. Dieser Prozess ist wasserunlöslich und schlägt sich in einer sehr gleichmäßigen Schichtdicke nieder.

Dabei ist im Gegensatz zu Anwendungen in der Automobilindustrie nur eine Niederspannung von etwa 40 V erforderlich. Es fließt Gleichstrom. Zuvor werden die Werkstücke einzeln aufgehängt (elektrisch leitende Aufhängung). Nach dem Entfetten werden sie in einem vollentsalzten Wasserbad zweifach gespült.

Konventionelles elektrophoretisches Tauchlackieren bei 200 bis 400 V

Danach folgt das Lackieren im Tauchbad. Beim konventionellen elektrophoretischen Tauchlackieren – wie in der Automobilindustrie angewandt – sind 200 bis 400 V zwischen Elektrode und Werkstück angelegt.

Beim KTL-Verfahren mit angelegter 40-V-Niederspannung kommt der Werkstück-Vorbehandlung eine besondere Bedeutung zu. Jeder der Vorbehandlungsschritte wie Strahlen, Entfetten und Phosphatieren muss fehlerfreie Ergebnisse liefern.

Ein weiteres Hauptqualitätskriterium ist die Lackauswahl. So ist die KTL-Tauchbadanlage BF-Galvaco LP der Präzisionstechnik Klaus Schlitt, Eltville, ausgelegt für Lacke, die auf einem Urethan-modifizierten Acryl-Co-Polymer basieren. Außer der pigmentierten Farbe Schwarz und unpigmentiertem Klarlack sind damit transparente Färbungen möglich (keine RAL-Töne): Rot, Grün, Blau, Gold und Kupfer – als Zusatzbehandlung nach der Beschichtung mit dem Klarlack.

Sorgfältiges Spülen vor dem Lackieren mittels KTL notwendig

Dabei sind die verschiedenen Spülvorgänge im vollentsalzten Wasser unbedingt einzuhalten, um Verschleppungen zu vermeiden und eine unbelastete Oberfläche zu erhalten. Es kann eine Einfach-Schicht aufgetragen werden – oder eine Duplexschicht aus Grundierung und Klarlack nach einer Phosphatierung. Eine solche Duplex-Schicht ist ausgezeichnet hinsichtlich der Wirksamkeit als Grundierung für ein anderes, nachfolgendes Lackierverfahren oder zur Erhöhung der Haftfestigkeit.

Eine reine Oberflächenentfettung kann, muss aber nicht ausreichend sein. Bei Proben aus Stahlblechen zeigte es sich, dass bei einer Oberflächenrauigkeit Rz von 40 µm eine zusätzliche Phosphatierung vorteilhaft sein kann, neben der mechanischen Oberflächenvorbereitung. Das Ergebnis war eine sehr gute Haftfestigkeit und ein hoher Korrosionschutz. Auch das Lackieren rein gestrahlter, nicht phosphatierter Bleche ist möglich. Blasenbildung wurde nicht beobachtet. Folglich steht fest, dass das Aufbringen weiterer Schichten den Korrosionsschutz verbessert. Das Aushärten im Einbrennofen geschieht bei einer Temperatur von etwa 160 °C und dauert ungefähr 20 min – je nach Werkstückmasse.

Einfacher Grundaufbau aus Standardkomponenten

Der Grundaufbau der KTL-Tauchbadanlage ist wie folgt: Als Tauchbehälter werden kostengünstige Kunststoffbecken verwendet. Zum Entsalzen des Spülwassers kommen Standardeinrichtungen zur Anwendung. Die Filtrationseinheit besteht aus Standardmodulen. Auch der Gleichrichter für die Niederspannung kommt aus der Standardfertigung.

Gegebenenfalls ist eine Blaszone, die mit Warmluft arbeitet, zu installieren, um Tropfenbildung zu vermeiden. Zum Aushärten des Lacks reicht ein Standard-Einbrennofen (bis 250 °C) aus. Beim Aushärten im Ofen bilden sich in der aufgetragenen Lackschicht lineare Kettenmoleküle, die auch untereinander dreidimensional vernetzt sind und somit eine stabile Struktur bilden.

Die Anlage ist im Aufbau einfach und kostengünstig. Daher eignet sie sich zum Lackieren kleiner und mittlerer Losgrößen. Üblicherweise kennt man beim elektrophoretischen Tauchlackieren keine kleinen Stückzahlen.

Ein wesentlicher Grund dafür liegt in den Tauchbadanlagen, die aufgrund der oft notwendigen Handlingeinrichtungen für die Großserienlackierung sehr kostenaufwändig und daher für einen hohen Teiledurchsatz ausgelegt sind, wie es die Automobilindustrie fordert. Im Gegensatz dazu kann man bei einer Tauchbadanlage zum Lackieren kleinerer Losgrößen von einer Komplettinvestition unter 20 000 Euro ausgehen.

Wirtschaftliche Vorteile gegenüber Galvanisieren

Die Ergiebigkeit der verwendeten Lacke beträgt bei 5 µm Schichtdicke 50 bis 60 m2 lackierte Fläche – bezogen auf 1 l Lack. Bei 10 µm Schichtdicke liegt sie bei 20 bis 30 m2. Aufgrund der dünnen Schichtdicke von 5 bis 12 µm bleiben bewegliche Teile als solche erhalten – ohne Klebeeffekt. Außerdem behält die Lackschicht bei Teilen, die einer Bewegung unterliegen (zum Beispiel Federn), ihre Flexibilität.

Bedingt durch kontrollierbare Schichtdicken und den gleichmäßigen Schichtauftrag werden vorgegebene Maßtoleranzen eingehalten. Es entsteht kein Orangenhauteffekt. Darüber hinaus werden Hohlräume zufriedenstellend beschichtet. Das ist beim Galvanisieren und beim Beschichten mit Pulverlack nicht möglich.

Dazu kommt der Kostenvorteil des Verfahrens. Zwar lässt sich zum Beispiel der Kostenunterschied zu einer galvanischen Beschichtung schwer beziffern, doch kann man von einer Faustregel ausgehen: Eine KTL-Tauchlackierung ist im Vergleich zu einer galvanischen Behandlung (Gestellware) etwa um den Faktor 2,5 bis 3 kostengünstiger.

Klaus Schlitt ist Inhaber der Präzisionstechnik Klaus Schlitt e. K. in 65344 Eltville-Martinsthal.

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