Doku HYPERRAUM.TV: High Tech am Meeresgrund

Die Erforschung der Tiefsee gibt wichtige Einblicke in die Diversität des irdischen Lebens. Sie bringt mit ihren Maschinen Licht ins Dunkel der Ozeane: Es zeigt exotische Lebensformen, vielfältig an diese außergewöhnlichen Umweltbedingungen angepasst – die Welt im Untergrund enthüllt uns immer mehr wundersame, oft farblose und filigrane Wesen, deren Bedeutung für die Evolution des irdischen Lebens längst noch nicht entschlüsselt ist.

Die Wissenschaft arbeitet mit Robotsystemen und autonomen Gleitern, sie stellen hohe Ansprüche an die Technologie. Spezielle Untersee-Plattformen, die mit Greifern, Bohrern und Kamerasystemen oder anderen wissenschaftlichen Instrumenten ausgerüstet werden können, wurden inzwischen entwickelt. Wie sie 6.000 Meter tief bis zum Meeresgrund vorstoßen und welche Herausforderungen für den Betrieb solcher ferngesteuerten und autonomen Systeme bestehen, zeigt Susanne Päch in dieser Sendung von HYPERRAUM.TV – und hat dafür mit Friedrich Abegg vom Geomar in Kiel gesprochen.

Die tiefste Stelle des irdischen Meeres, eine Zone gewaltiger geotektonischer Verwerfungen, liegt im pazifischen Marianengraben. Er reicht fast 12.000 Meter ins Erdinnere. Die Umweltbedingungen da unten kann sich ein Mensch nicht wirklich vorstellen. Der Druck beträgt in 10.000 Metern Tiefe 1000 bar, anders gesagt: 1 Tonne lastet auf jedem Quadratzentimeter. Die Temperatur liegt um den Gefrierpunkt.

Die Ozeane bedecken rund 70 Prozent der Erdoberfläche – mehr als die Hälfte davon ist Tiefsee. Und rund 90 Prozent dieser Tiefsee wiederum ist heute noch gänzlich unbekanntes Terrain. Zwar können Forscher heute in bemannten U-Booten in die Tiefe reisen, doch schon aus Kostengründen findet moderne Tiefseeforschung meist ohne Aquanauten statt. Die Wissenschaftler, die die weiten Tiefsee-Ebenen in 3000 bis 6000 Metern unter der Wasseroberfläche ergründen wollen, bleiben an Bord der Forschungsschiffe und schicken mit Hilfe von Ingenieuren und Technikern schweres Gerät als Stellvertreter nach unten.

Eines der bedeutendsten Hilfsmittel der internationalen Unterseeforschung ist das sogenannte ROV – das remotely operated vehicle – eine ferngesteuerte Tiefsee-Plattform. Die Plattformen sind jeweils Einzelanfertigungen, denn sie müssen auf jede Mission speziell zugeschnitten werden. Ein solches ROV steht auch in Diensten des GEOMAR, dessen Motoren elektrisch gesteuert werden. Über ein verstärktes Glasfaser-/Kupfer-Kabel von mehreren tausend Metern Länge bleibt das ROV während der gesamten Tiefsee-Mission mit dem Mutterschiff fest verbunden und wird darüber zuerst einmal mit Energie versorgt. Über diese Nabelschnur kann es zudem gesteuert werden und Messdaten wie Live-Bilder in Echtzeit nach oben in einen Kontrollraum übertragen.

Das ROV kann sowohl auf dem Meeresgrund arbeiten als auch, mit seinen von Motoren getriebenen Propellern, durch das Wasser fliegen und dabei die geheimnisvolle Fauna beobachten.  Zur Probenentnahme dienen Manipulatoren, die ebenfalls direkt vom Schiff aus gesteuert werden. Diese Proben werden im ROV bis zum Ende der Tiefsee-Mission in speziellen Behältern gelagert. Nach dem Ende der Mission fliegt der Roboter zurück zur Wasseroberfläche und kann dann mit Hilfe einer großen Winde wieder an Bord gehievt werden. Zurück an Deck des Forschungsschiffes beginnen Geologen und Biologen mit der Auswertung der vom ROV eingesammelten Proben. Dafür sind in den großen Forschungsschiffen spezielle Labors eingerichtet.

Im Geomar ist seit einigen Jahren auch Pelagios im Einsatz: ein kabelgebundenes, sogenannt „geschlepptes“ Kamerasystem ohne eigenen Motor. Es wird vom Mutterschiff durch das Wasser gezogen und ist speziell für die Beobachtung empfindlicher Meeresorganismen entwickelt worden, die im freien Wasser treiben. Wissenschaftler können so die Meeresfauna bis zu 1.500 Metern hinunter in ihrem natürlichen Lebensraum live beobachten.

Mit sogenannten AUV – für autonomous underwater vehicles -, die kabellos über den Meeresboden schweben, lassen sich mit Hilfe von Sonaren, Fächer-Echoloten und Kamerasystemen detaillierte Profile des Untergrundes erstellen. Ist es vom Schiff erst einmal ins Wasser gelassen, ist es ganz auf sich allein gestellt. Seine Reiseroute muss daher vor dem Reiseantritt genau programmiert werden. Ist das Abyss wieder  geborgen, werden solche digital aufgezeichneten Daten ausgelesen und verarbeitet.

Die Tiefsee bietet Meeresbiologen heute ein gewaltiges Reservoir an Forschungsmöglichkeiten. Doch die hochkomplexen Geräte müssen den extremen Bedingungen standhalten, vor allem dem gewaltigen Druck. Doch die Mittel für die Tiefsee-Erforschung sind sehr begrenzt. Klar, dass sich die Meeresbiologen bei der Bereitstellung von Budgets im Vergleich zu den Teilchenphysikern oder der Raumfahrt irgendwie benachteiligt fühlen. Für Tiefseeforschung wird Deutschland  2023 knapp einhundert Millionen Euro ausgeben – im Vergleich dazu: Das deutsche Raumfahrt-Budget für 2023 beträgt 3,3 Mrd. €. Und das, obwohl die für die Tiefseeforschung benötigten Technologien nicht minder anspruchsvoll sind und der Wert dieser Grundlagenforschung für das Verständnis dessen, was Leben ist, von großer Bedeutung ist. Unser Wissen über die Diversität von Leben auf dieser Erde ist aber immer noch begrenzt. Selbst über die Arten an Land gibt es nur Schätzungen. Es sollen 6 bis 7 Millionen sein. Wie viele weitere Millionen im Meer noch dazu kommen, bleibt vorläufig ein Geheimnis, verborgen im Dunkel der Ozeane.

Ansprechpartner:
Dr. Susanne Päch
Chefredaktion HYPERRAUM.TV
Bavariafilmplatz 3
82031 Grünwald
susanne.paech@hyperraum.tv

http://hyperraum.tv

Video: High Tech am Meeresgrund | HYPERRAUM.TV

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