Hell erleuchtete Nächte schaden Mensch und Natur – Wissenschaftler erarbeiten neue Beleuchtungskonzepte

Astronomen haben daher Schwierigkeiten, den Nachthimmel zu beobachten. Es gibt jedoch noch viele weitere Probleme durch zu helle Nächte. Unter Leitung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) startet nun ein groß angelegtes transdisziplinäres Projekt, in dem Forscher wissenschaftlich fundierte Beleuchtungskonzepte erarbeiten wollen, welche Mensch und Natur gerecht werden. Das erste Treffen der beteiligten Forscher fand am 02.02.2009 am IGB in Berlin statt.

Besonders nachtaktive Tierarten leiden unter der Helligkeit. Aber auch Zugvögel werden von taghell erleuchteten Städten in die Irre geleitet und verlieren viel Energie auf ihrer langen Reise. Insekten schwirren nachts millionenfach auf Lichtquellen zu und werden so von Nahrungssuche und Fortpflanzung abgehalten. In der Gesamtheit können solche Effekte einer künstlichen Beleuchtung wichtige Funktionen des Ökosystems aus dem Gleichgewicht bringen und die Artenvielfalt reduzieren. Viele dieser Zusammenhänge sind noch nicht erforscht. Auch auf die Gesundheit der Menschen hat die fehlende Dunkelheit Auswirkungen.

Prof. Klement Tockner, Direktor des IGB, sagt: „Neben der menschlichen Gesundheit sind besonders Gewässer und gewässernahe Lebensräume von der Beleuchtung betroffen, da Städte in der Regel am Wasser liegen. Wir wollen deshalb ein umfassendes Konzept erarbeiten, das Wissenschaftler aller relevanten Disziplinen einbezieht: Biologen, Astronomen, Mediziner, Architekten und Ingenieure für die technischen Lösungen.“ Ziel des Projekts ist es, die bisherigen vereinzelten Forschungsarbeiten in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Daraus werden dann innovative Beleuchtungskonzepte zunächst für Gebiete in Berlin und Brandenburg entwickelt. Die Öffentlichkeit und speziell Anwohner sollen von Beginn an einbezogen werden, denn ohne die breite Akzeptanz in der Bevölkerung ist ein solches Konzept nicht umzusetzen.

In das Projekt soll auch die kulturelle Bedeutung der Nacht einfließen: Welchen Einfluss hat die Dunkelheit auf die Ruhe des Menschen, was bedeutet sie für die Kunst? Aber Dunkelheit löst auch Angst aus. Nutzen und Schaden des Kunstlichts sollen gegenübergestellt werden: Helligkeit erhöht die Sicherheit und ermöglicht viele gesellschaftliche Aktivitäten. Andererseits bedeutet überflüssige Beleuchtung Energieverschwendung mit negativen Effekten auf das Klima, und die Zerstörung von Natur verursacht oft ungeahnte Kosten – so kann das Aussterben bestimmter Insektenarten zu Ernteeinbußen führen, da die Pflanzen nicht mehr bestäubt werden.

Doch nicht nur das Licht verändert die Nacht, auch der Klimawandel hat einen großen Einfluss: die Temperaturerhöhung ist in Städten nachts oft größer als am Tag. Auch dieser Aspekt wird in dem Projekt berücksichtigt.

Partner in dem Projekt:

Koordination: Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin (IGB)

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, Berlin (IZW)

Astrophysikalisches Institut Potsdam (AIP)

Deutsches Primatenzentrum, Göttingen (DPZ)

Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund (IFADO)
Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung, Erkner (IRS)
Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie, Greifswald (INP)
Freie Universität Berlin (Institut für Biologie, Institut für Weltraumwissenschaften)
Technische Universität Berlin (Institut für Stadt- und Regionalplanung, Institut für Energie- und Automatisierungstechnik)

Ansprechpartner:

Dr. Franz Hölker
hoelker@igb-berlin.de
+49(0)30 64181-665
Prof. Dr. Klement Tockner
tockner@igb-berlin.de
+49(0)30 64181-601

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Müggelseedamm 310
12587 Berlin

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