DLR organisiert Parabelflugkampagne für Forschung unter Schwerelosigkeit
Neun deutsche Wissenschaftlergruppen beteiligen sich an der diesjährigen Parabelflugkampagne des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bordeaux – Frankreich. An den drei Flugtagen vom 6. bis 8. November betreiben sie während insgesamt 93 spezieller Flugmanöver, so genannter Flugparabeln, Forschung in Schwerelosigkeit. Medizinische Untersuchungen sollen unter anderem dazu beitragen, die Therapien für Menschen, die an Gleichgewichtsstörungen leiden, zu verbessern; Materialwissenschaftliche Experimente dienen beispielsweise der Entwicklung von Metallschäumen, die in Autos und Flugzeugen eingesetzt werden können. Ergebnisse und Erfahrungen aus dieser Kampagne gehen auch in die Vorbereitung einer möglichst effizienten Nutzung der Internationalen Raumstation ISS ein.
Das DLR beauftragt die französische Firma Novespace, die Parabelflüge mit einem speziell dafür geeigneten Airbus A300 durchzuführen. Die Piloten fliegen pro Flugtag 31 Parabeln, in denen jeweils für etwa 25 Sekunden Schwerelosigkeit herrscht. Vor und unmittelbar nach dem Eintritt in die Schwerelosigkeit bewirkt die Beschleunigung des Flugzeuges eine Anziehungskraft, die der doppelten auf der Erde entspricht.
Forschung für Biologie, Medizin und Materialwissenschaften
Mehr als 30 Wissenschaftler aus verschiedenen Forschungsinstitutionen gehen Fragen aus den Bereichen Biologie, Medizin und Materialwissenschaften nach. Forschung auf der Erde ergänzen sie somit durch Versuche in Schwerelosigkeit. Dies dient dazu, Vorgänge und Zusammenhänge in unserer belebten und unbelebten Umgebung besser zu verstehen.
Zwei Forschergruppen beschäftigen sich damit, die Wirkung der Erdschwerkraft bzw. der Schwerelosigkeit auf die menschliche Wahrnehmung sowie die manuelle Geschicklichkeit herauszufinden. Bereits ziemlich einfach erscheinende manuelle Fertigkeiten, wie das Greifen nach Gegenständen, stellen hohe Anforderungen an unser Nerven- und Muskelsystem. Die besondere Parabelflugabfolge bietet einzigartige Bedingungen, um die Wirkung verschiedener Beschleunigungen auf das motorische System des Menschen intensiv zu untersuchen. Mit diesen Erkenntnissen hofft man, nachfolgend die Behandlung hirnverletzter Patienten verbessern zu können.
Ein weiteres medizinisches Experiment befasst sich mit biologischen Vorgängen in Geweben, die auch bei Migräne und Störungen nach Schlaganfällen eine Rolle spielen.
Die Untersuchung von Strömungsvorgängen in makroskopischen Strukturen und hauchdünnen Metallschaum-Lamellen sind Ziele von materialwissenschaftlichen Experimenten. Dabei wird in der kurzen Zeit der Schwerelosigkeit ein mit Treibmitteln vermischtes Metall geschmolzen und aufgeschäumt, erstarrt und nach dem Flug analysiert. Die Herstellung von Metallschäumen ist mittlerweile ein etabliertes Verfahren und steht an der Schwelle zur Anwendung zum Beispiel bei der Herstellung leichter Bauteile für die Automobilindustrie. Bisher konnten jedoch auf der Erde konkurrierende Effekte wie der „schwerkraftbedingte Ausfluss des Metalls aus den dünnen Zellwänden des Schaums“ und die „Oberflächenspannung des Metalls“ nicht getrennt werden, und man konnte deshalb den Einfluss dieser Phänomene auf die Schaumeigenschaften nicht gut verstehen. Der Abfluss von Flüssigkeit aus einem Schaum ist jedem Biertrinker bestens bekannt und tritt bei Metallschäumen in verschärfter Form auf. Unter Schwerelosigkeit lässt sich dieser Effekt unterdrücken; damit erhält man Aufschlüsse über den Fluss von Metall durch dünne Zellwände.
Die Liste aller Experimente finden Sie unter:
http://www.dlr.de/struktur_strategie/raumfahrtmanagement/RD-JW/projekte-uebersicht/Parabelfug/experimente01.htm
Ansprechpartner:
Dr. Karsten Hess
Tel.: 0228/447-394
Fax: 0228/447-386
E-Mail: Karsten.Hess@dlr.de
Dr. Ulrike Friedrich
Tel.: 0228/447-323
Fax: 0228/447-735
Mobil: 0173/5389891
E-Mail: Ulrike.Friedrich@dlr.de
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