Interdisziplinäres Zentrum für Suchtforschung gegründet
An der Universität Würzburg wurde ein „Interdisziplinäres Zentrum für Suchtforschung“ (IZSW) gegründet. Es soll zur Entwicklung und Förderung einer interdisziplinären Suchtwissenschaft beitragen. Dieses Ziel soll erreicht werden durch Forschungen, Ausbildung und Lehre sowie durch die Mitwirkung an gemeinsamen Suchtprojekten.
In verschiedenen Bereichen der Universität sind in den vergangenen Jahren Suchtforschungsinitiativen gewachsen, die durch die Gründung des IZSW strategisch gebündelt und wissenschaftlich miteinander vernetzt werden sollen. Zudem wollen sich diese Initiativen mit einer noch effizienteren Öffentlichkeitsarbeit besser in das gesundheitspolitische Bewusstsein einbringen.
Neben der Durchführung grundlagen- und anwendungsorientierter Forschungs- und Entwicklungsprojekte auf dem Gebiet einer interdisziplinären Suchtwissenschaft und angrenzender Bereiche sollen vor allen Dingen der Technologietransfer und die Kooperation zwischen Forschung und Praxis optimiert werden. Beispielgebend hierfür steht die 1996 aufgebaute Suchtberatungsstelle für Beschäftigte der Universität Würzburg.
Die 31 Gründungsmitglieder gaben sich ein rechtsrelevantes Statut und wählten Beirat und Vorstand. Der Beirat soll den interdisziplinären Charakter des IZSW widerspiegeln und dessen Aufgabenspektrum repräsentieren. Einstimmig bei jeweils einer Enthaltung wurden gewählt:
· Prof. Dr. Gerhard Bringmann (Organische Chemie),
· Diplom-Psychologin Katja Beck-Dossler (Suchtberatungsstelle der Universität),
· Prof. Dr. Johann Ellgring (Psychologie),
· Prof. Dr. Dieter Patzelt (Rechtsmedizin) und
· Prof. Dr. Andreas Warnke (Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie).
Dieser Beirat wählte einstimmig Prof. Dr. Jobst Böning (Leiter der Klinischen Suchtmedizin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie) zum Vorsitzenden des IZSW und PD Dr. Gerhard Wiesbeck als seinen Stellvertreter. Die Amtszeiten betragen zunächst drei Jahre.
Das IZSW lädt schon jetzt zu zwei öffentlichen Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen ein: Am 18. März findet eine vom Arbeitskreis „Sucht“ der universitären Suchtberatungsstelle veranstaltete Tagung über „Rauchen und Nikotinabhängigkeit“ statt, am 28. April die 5. Suchtmedizinische Fortbildung an der Psychiatrischen Klinik mit dem Thema „Neueste Forschungsergebnisse bei Drogenabhängigkeit“.
Prof. Böning führt vor Augen, warum eine interdisziplinäre Suchtforschung heute nach wie vor nötig ist: Der risikoreiche und schädliche Gebrauch von psychotropen Substanzen (Nikotin, Alkohol, Drogen) einschließlich schwerer Suchterkrankungen und zunehmend auch die nicht stoffgebundenen Abhängigkeiten (zum Beispiel Ess- oder Spielsucht) stellen in allen Industrienationen ein gesundheitspolitisches Problem ersten Ranges dar. Nach einer umfassenden Todesursachenstatistik aus den USA lassen sich etwa 25 Prozent aller Todesfälle unmittelbar oder mittelbar auf Nikotin, Alkohol oder illegale Substanzen zurückführen.
In Deutschland sterben jährlich rund 42.000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Alkohol, 110.000 Menschen an Erkrankungen, die mit dem Gebrauch von Tabak in Verbindung stehen, und etwa 1.800 Menschen an den Folgen des Drogenkonsums. Der volkswirtschaftliche Schaden durch vorzeitigen Tod, Krankheit, Betriebsunfälle, unfallbedingte Personenschäden, Frühverrentung und Ähnlichem beläuft sich auf insgesamt etwa 150 Milliarden Mark im Jahr.
Demgegenüber seien bis vor wenigen Jahren die Aufwendungen für vorbeugende Maßnahmen, für Therapieprojekte und für die interdisziplinäre Ursachenforschung unverhältnismäßig vernachlässigt worden, so der IZSW-Vorsitzende Böning. In den vergangenen zehn Jahren hätten jedoch das gesundheitspolitische Verantwortungsbewusstsein und wissenschaftliche Fördermaßnahmen zugenommen, sowohl in der grundlagenbezogenen wie auch anwendungsorientierten empirischen Forschung.
1995 legte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erstmalig einen Förderschwerpunkt „Sucht“ auf. In dessen Rahmen wird unter anderem ein an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität angesiedelter „Würzburger BMBF-Suchtforschungsverbund“ bis zum Sommer 2001 gefördert, der Ursachen- und Therapieforschung in Sachen Alkoholabhängigkeit betreibt.
Weitere Informationen: Geschäftsstelle des IZSW, Prof. Dr. Jobst Böning, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Füchsleinstraße 15, 97080 Würzburg, T (0931) 201-7710, Fax (0931) 201-7712,
E-Mail: boening@mail.uni-wuerzburg.de
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