Universelles Herstellungsverfahren für Nanoröhrchen
Neue Methode zur Herstellung von Nanotubes entwickelt / Vielfältige Anwendungen von Optoelektronik bis Nanobiotechnologie absehbar
Nanoröhrchen mit Durchmessern von einigen wenigen bis zu einigen Hundert Nanometern besitzen ein großes Anwendungspotential, beispielsweise als winzige elektronische Bauteile, als Reservoir für Wirkstoffe, als Sensoren oder als Mikroküvetten in der kombinatorischen Chemie. Bislang konnten diese jedoch nur aus einer begrenzten Anzahl von Materialien, wie etwa Kohlenstoff, hergestellt werden. Viele interessante Materialien mit vorteilhaften Eigenschaften, beispielsweise Polytetrafluoroethylen (Teflon), Leuchtpolymere, Copolymere oder Materialmischungen mit definierter Zusammensetzung ließen sich nicht zu Nanoröhrchen formen. Chemikern und Physikern vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle/Saale und dem Institut für Physikalische Chemie der Philipps-Universität Marburg ist es jetzt gelungen, ein universell einsetzbares Verfahren zu entwickeln, mit dem Nanoröhrchen aus einer Vielzahl von Stoffen oder Stoffmischungen hergestellt werden können sind (Science, 14 Juni 2002).
Zur Herstellung der Nanoröhrchen verwendeten die Forscher kleine Plättchen aus Silizium- oder Aluminiumoxid, die von hochgeordneten Strukturen aus winzigen Poren durchzogen sind. Diese Poren wurden durch Selbstorganisation, Lithographie oder durch Kombination beider Methoden erzeugt. Werden flüssige Polymere oder Lösungen, die Polymere enthalten, in Kontakt mit diesen Porenstrukturen gebracht, bildet sich ein etwa 20 Nanometer (ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter) dünner Film auf den Porenwänden. Durch Kühlen oder Verdampfen des Lösungsmittels erstarrt dieser Film und bildet Nanoröhrchen. Ihre Gestalt und Abmessung wird durch die Form und Größe der Poren bestimmt, d. h., die verwendeten Porenstrukturen wirken als Schablone. Wird nun das Material, aus dem die Porenstruktur besteht, selektiv entfernt, bleiben die Nanotubes zurück. Je nach verwendeter Porenstruktur sind die Röhrchen alle gleich groß. Auf diese Weise ist es sogar möglich, hochgeordnete Anordnungen zueinander paralleler Nanotubes herzustellen.
Abb. 1: (PS800) Nanoröhrchen-Arrays aus Polystyrol in verschiedenen Vergrößerungen. Die Röhrchen haben einen Durchmesser von circa 400 Nanometern. |
Erstmals konnten die Wissenschaftler Nanotubes aus Polytetrafluorethylen (Teflon) herstellen, einem Polymer, das wegen seiner besonderen Eigenschaften bisher nur schwer im Nanometer-Bereich strukturiert werden konnte, aber ein großes Anwendungspotential besitzt. Im Prinzip können jetzt Nanoröhrchen aus praktisch jedem als Schmelze oder aus Lösung verarbeitbaren Polymer erzeugt werden, beispielsweise auch aus Polystyrol oder Polymethylmethacrylat.
Abb. 2: (PS40) Einzelne Polystyrol-Nanoröhrchen |
Ein großer Vorteil der neuen Methode besteht darin, dass man den verwendeten Polymeren auch andere Stoffe beimischen und somit Komposit-Nanoröhrchen herstellen kann. Deren Wände können zum Beispiel aus einer Mischung aus Polystyrol und Palladium bestehen, einem Metall, das in der Katalyse, der Sensorik und in Brennstoffzellen von großer Bedeutung ist.
Bereits jetzt ist eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten für die neuen Nanoröhrchen bzw. die neu entwickelte Methode zur Nanostrukturierung absehbar. So könnten poröse Materialien durch innere Beschichtungen spezielle Funktionen erhalten, um zum Beispiel als durchstimmbare photonische Kristalle in der integrierten Optik oder als spezielle Trägerplatten (Arrays) mit Millionen von Mikrokavitäten in der kombinatorischen Chemie eingesetzt zu werden.
Auf diese Weise polymerbeschichtete Porenstrukturen können aber auch – wegen ihrer Biokompatibilität – dazu dienen, die Blut-Hirn-Schranke zu analysieren. Die Blut-Hirn-Schranke blockiert den Übertritt der meisten Substanzen, also auch von pharmazeutischen Wirkstoffen, ins Gehirn. Im Rahmen eines BMBF-geförderten Projekts zur Nanobiotechnologie unter Leitung der Universität Münster bringen die Forscher dazu lebende Zellen auf polymerbeschichtete Porenstrukturen auf und untersuchen den Wirkstoff-Transport durch diese Zellen in die darunter befindlichen Poren.
Dieses Projekt wurde durch die Max-Planck-Gesellschaft sowie durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Weitere Informationen erhalten Sie von:
Dr. Ralf Wehrspohn
Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik, Halle/Saale
Tel.: (03 45) 55 82 – 7 26
Fax: (03 45) 5 51 12 23
E-Mail: wehrspoh@mpi-halle.mpg.de
und
Martin Steinhart
Institut für Physikalische Chemie der Philipps-Universität, Marburg
Tel.: (06421) 28-22362
Fax: (06421) 28-28916
Email: steinhar@mailer.uni-marburg.de
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Weitere Informationen:
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