Wegweisende CAR-T-Zelltherapie für Blutkrebs-Erkrankungen

Dr. Claudia Arndt und Dr. Frederick Faßlrinner forschen gemeinsam im Dresdner Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum (MSNZ) an der CAR-T-Zelltherapie für Blutkrebs-Erkrankungen.
Foto: HZDR / Amac Garbe

Akute Myeloische Leukämie ist ein schwer behandelbarer Blutkrebs. Zu den Behandlungsmöglichkeiten gehören intensive Chemotherapien und die allogene Stammzelltransplantation, die mit Nebenwirkungen verbunden sind. Fortschritte in der zellbasierten Immuntherapie, bei der das Abwehrsystem angeregt wird, Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen, geben Hoffnung auf bessere Heilungschancen. Neue Entwicklungen bei modularen, umschaltbaren chimären Antigenrezeptor (CAR)-T-Zellen könnten eine personalisierte Krebstherapie ermöglichen. Ein Forschungsteam aus Dresden hat nun aussichtsreiche Ergebnisse einer präklinischen Studie im British Journal of Haematology (DOI: 10.1111/bjh.18971) veröffentlicht.

Bei der sogenannten CAR-T-Zell-Therapie wird in spezielle Abwehrzellen des Immunsystems, die T-Zellen, ein künstliches Molekül „CAR“ („chimeric antigen receptor“) eingebaut, das diese Zellen wie ein Navigationssystem zu bestimmten Oberflächenmerkmalen von Tumorzellen leitet. Im Körper der Patient*innen können sie so mit erstaunlicher Effektivität die erkrankten Zellen aufspüren und abtöten. CAR-T-Zellen sind lebende Zellen, die sich nach Übertragung in die Patient*innen nicht mehr direkt in ihrer Aktivität kontrollieren lassen. Insbesondere beim Auftreten von Nebenwirkungen kann dies problematisch werden.

Ein Team um Prof. Michael Bachmann, Direktor am Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR), hat deswegen in enger Zusammenarbeit mit der Dresdner Hochschulmedizin die UniCAR-Technologie entwickelt, die auf der CAR-T-Zell-Therapie basiert und zu den vielversprechendsten Ansätzen der Immuntherapie zählt. Die Forscher*innen haben dafür einen zusätzlichen Schalter eingebaut, der eine direkte Therapiekontrolle im Körper der Patient*innen ermöglicht.

Die veränderte CAR-T-Zelle bindet nun nicht direkt an die Tumorzelle. Vielmehr ist zwischen Immun- und Krebszelle ein spezielles Bindeglied – ein Zielmodul – zwischengeschaltet, das das Abtöten der Krebszelle erst ermöglicht. Da die künstlich erzeugten Zielmodule schnell aus dem Körper ausgeschieden werden, lässt sich die Aktivität der UniCAR-T-Zellen steuern und somit Nebenwirkungen besser kontrollieren.

Ein Forschungsteam unter Leitung der Biologin Dr. Claudia Arndt vom HZDR-Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung und dem Mediziner Dr. Frederick Faßlrinner von der Hochschulmedizin Dresden verwendet dafür ein Modul, das auf ein tumorassoziiertes Oberflächenmolekül der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) namens FLT3 abzielt. FLT3 ist eine Art Marker, der hilft, die Krebszellen besser zu erkennen. So gelang es den Forscher*innen, sowohl AML-Zelllinien als auch primäre Proben von AML-Patient*innen in-vitro hochwirksam abzutöten. Dies konnte das Team auch im Tiermodell bestätigen. Analysen via Positronen-Emissions-Tomografie weisen zudem daraufhin, dass ein schnelles An- und Abschalten der UniCAR-T-Zellen und somit eine schnelle Kontrollierbarkeit der Therapie möglich ist.

Um die AML mit einer Immuntherapie erfolgreich behandeln zu können, ist es entscheidend, die Therapieresistenz und die Erschöpfung der T-Zellen zu verhindern. Dies könnte die UniCAR-Technologie erreichen, wie Frederick Faßlrinner unterstreicht: „Die Kombination verschiedener Zielmoleküle ermöglicht, die AML-Zellen über verschiedene Zielstrukturen anzugreifen. So hat die Krebszelle weniger Chancen, sich der Therapie zu entziehen. Wir hoffen, so mehr Patienten heilen zu können.“ Die Forscher*innen sind zuversichtlich, dass Pausen zwischen den einzelnen Anwendungen den UniCAR-T-Zellen Zeit geben, sich zu erholen, um einer Erschöpfung vorzubeugen.

„Insgesamt ermutigen die vorgestellten präklinischen Daten zur weiteren Entwicklung und klinischen Umsetzung von FLT3-spezifischen UniCAR-T-Zellen für die Therapie der AML“, schätzt Claudia Arndt ein. „Dies gilt insbesondere in Kombination mit der sogenannten CD123-gerichteten UniCAR-T-Zelltherapie, die derzeit in einer ersten Phase-I-Studie am Patienten erprobt wird.“

Arndt und Faßlrinner forschen gemeinsam mit ihrem Team im Dresdner Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum (MSNZ) an der CAR-T-Zelltherapie für Blutkrebs-Erkrankungen. Das MSNZ bietet Nachwuchswissenschaftler*innen individuelle Karrierewege in der Krebsforschung. In sogenannten Tandems fließen ärztliche und wissenschaftliche Expertise zusammen. Dies ermöglicht, klinikrelevante Fragestellungen im gemeinsamen Forschungsteam zu beantworten.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Claudia Arndt
Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung am HZDR
Tel.: +49 351 458 4049 I E-Mail: c.arndt@hzdr.de

Dr. Frederick Faßlrinner
Medizinische Klinik und Poliklinik I am Universitätsklinikum Dresden
Tel.: +49 351 458 10416 I E-Mail: frederick.fasslrinner@uniklinikum-dresden.de

Originalpublikation:

J. C. Peschke, R. Bergmann, M. Mehnert, K. E. Gonzalez Soto, L. R. Loureiro, N. Mitwasi, A. Kegler, H. Altmann, M. Wobus, D. Máthé, K. Szigeti, A. Feldmann, M. Bornhäuser, M. Bachmann, F. Fasslrinner, C. Arndt: „FLT3-directed UniCAR T-cell therapy of acute myeloid leukaemia“, in British Journal of Haematology, 2023 (DOI: 10.1111/bjh.18971)

https://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=70325&pNid=99

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Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

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