… und es wurde Licht! – Steuerung der Befruchtung durch Optogenetik

Kontrolle des Flagellenschlags eines Spermiums mit Licht. Die linke Abbild. zeigt den Flagellenschlag eines Spermiums, dem das körpereigene Enzym zur cAMP-Synthese fehlt und die so unbeweglich sind. Forschungszentrum caesar

Es ist ein lang gehegter Traum von Wissenschaftlern, Zellen mit Licht zu steuern. Licht kann schnell an- und abgeschaltet werden und stört nicht die natürlichen Abläufe in einer Zelle. Die größte Hürde diesen Traum zu realisieren bestand darin, Zellen gezielt mit „Lichtschaltern“ auszustatten.

2002 wiesen drei deutsche Wissenschaftler – Peter Hegemann, Ernst Bamberg und Georg Nagel – nach, dass die lichtempfindlichen Membranproteine einer einzelligen Grünalge Ionenkanäle sind und nannten sie Channelrhodopsine. Channelrhodopsine lassen sich gentechnisch in Zellen einschleusen und ermöglichen, Zellen mit Licht zu steuern. Diese Entdeckung begründete ein neues Forschungsfeld, die Optogenetik.

Bisher wurde die Optogenetik vorwiegend eingesetzt, um die elektrische Aktivität von Nervenzellen mit Channelrhodopsin durch Licht zu kontrollieren. Inzwischen wurde die optogenetische „Werkzeugkiste“ erweitert, so dass es nun auch gelingt, Botenstoff-vermittelte Signalwege in Zellen an- und abzuschalten.

Ein wichtiger Zell-Botenstoff ist das zyklische AMP (cAMP), das so unterschiedliche Funktionen wie den Herzschlag, den Geruchssinn, die Lern- und Gedächtnisbildung, aber auch die Befruchtung einer Eizelle steuert. Enzyme, die sogenannten Adenylatzyklasen, synthetisieren diesen Botenstoff.

Im Jahre 2002 wurde die erste licht-aktivierbare Adenylatzyklase (PAC, photo-activated adenylate cylase) entdeckt. Seitdem sind Forscher auf weitere solche Enzyme gestoßen. Eines der neueren, prominenten Beispiele ist bPAC, eine licht-aktivierbare Adenylatzyklase aus Bodenbakterien, die von Peter Hegemann an der Humboldt-Universität in Berlin identifiziert wurde.

Wissenschaftler des Bonner Forschungszentrums caesar um Benjamin Kaupp und Dagmar Wachten stellten in Zusammenarbeit mit Peter Hegemann eine gentechnisch veränderte Maus her, deren Spermien die licht-aktivierbare Adenylatzyklase bPAC besitzen.

Die Befruchtung der Eizelle ist eng mit der cAMP-Synthese verknüpft. Spermien, denen das Adenylatzyklase-Enzym fehlt, können nicht schwimmen: Die Mäuse sind unfruchtbar. Stimuliert man nun bPAC-Spermien mit blauem Licht, steigt die cAMP-Konzentration an und die Spermien schwimmen schneller, weil der Spermienschwanz schneller schlägt.

Das Ziel der Forscher war, nicht nur die Schwimmbewegung mit Licht zu steuern; sie wollten auch die Befruchtung durch Licht regulieren. Die Wissenschaftler schleusten daher bPAC in Spermien einer Mausmutante ein, der das körpereigene Enzym zur cAMP-Herstellung fehlt. Spermien dieser Mäuse sind unbeweglich und die Mäuse unfruchtbar.

Nach Stimulation mit blauem Licht begannen die Spermien wieder zu schwimmen und konnten sogar Eizellen befruchten. Es ist also gelungen, etwas so Grundlegendes wie die Ei-Befruchtung mit Licht zu steuern. Die Optogenetik hat damit ein weiteres Feld außerhalb der Neurowissenschaften erobert.

Originalpublikation:

Jansen, V., Alvarez, L., Balbach, M., Strünker, T., Hegemann, P., Kaupp, U.B. & Wachten, D. (2015) „Controlling fertilization and cAMP signaling in sperm by optogenetics“ eLife 4:e05161

http://dx.doi.org/10.7554/eLife.05161

Video zum Thema:

https://www.youtube.com/watch?v=WJyqFmt_LX8

Weitere Informationen:

http://www.caesar.de/index.php?id=1196&L=2

Media Contact

Dr. Jürgen Reifarth idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forschende enthüllen neue Funktion von Onkoproteinen

Forschende der Uni Würzburg haben herausgefunden: Das Onkoprotein MYCN lässt Krebszellen nicht nur stärker wachsen, sondern macht sie auch resistenter gegen Medikamente. Für die Entwicklung neuer Therapien ist das ein…

Mit Kleinsatelliten den Asteroiden Apophis erforschen

In fünf Jahren fliegt ein größerer Asteroid sehr nah an der Erde vorbei – eine einmalige Chance, ihn zu erforschen. An der Uni Würzburg werden Konzepte für eine nationale Kleinsatellitenmission…

Zellskelett-Gene regulieren Vernetzung im Säugerhirn

Marburger Forschungsteam beleuchtet, wie Nervenzellen Netzwerke bilden. Ein Molekülpaar zu trennen, hat Auswirkungen auf das Networking im Hirn: So lässt sich zusammenfassen, was eine Marburger Forschungsgruppe jetzt über die Vernetzung…

Partner & Förderer