Parkinson: Neue Einblicke in Entstehung schädlicher Eiweißablagerungen

Schön anzusehen, aber schädlich: Was auf den ersten Blick an ein Feuerwerk erinnert, sind Aufnahmen toxischer Proteinfibrillen, deren Wachstum mit Fluoreszenzmikroskopie sichtbar gemacht wurde. Ganz rechts ist ein besonders großes, nach vier Tagen entstandenes Fibrillenbündel zu sehen. Bildquelle: Forschungszentrum Jülich

Zu den Kennzeichen der Parkinson-Krankheit gehören winzige Fäden aus körpereigenem Eiweiß, die sich im Gehirn ablagern. Die Entstehung dieser sogenannten alpha-Synuclein-Fibrillen konnten Forscher aus Jülich und Düsseldorf nun mit einem speziellen Mikroskopieverfahren erstmals direkt und zeitaufgelöst beobachten. Dabei zeigte sich, dass das Fibrillenwachstum einem „Stop and Go“-Muster folgt.

Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Molecular Biology veröffentlicht.

Alpha-Synuclein ist ein Protein, das im Gehirn unter anderem eine Rolle für die Signalübertragung spielt. Bei Parkinson verklebt es jedoch und bildet Aggregate, an die sich mit der Zeit immer mehr Moleküle anlagern. So entstehen fadenförmige Fibrillen, die sich in alle Richtungen ausbreiten.

Weil sie sich vor allem in Hirnregionen ablagern, die bei Parkinson besonders betroffen sind und die eine schädigende Wirkung auf Nervenzellen haben, wird ihnen eine Schlüsselrolle im Krankheitsverlauf zugeschrieben.

„Obwohl diese Strukturen intensiv erforscht werden, kennen wir noch nicht alle Details über die genauen Abläufe bei ihrer Entstehung. Auf solche Informationen könnte es bei der Suche nach wirksamen Therapien aber ankommen – schließlich gibt es für Parkinson noch immer keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit“, sagt Prof. Dieter Willbold, Direktor am Jülicher Institute of Complex Systems und am Institut für Physikalische Biologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Einem Team von Forschern der beiden Institute ist es jetzt erstmals gelungen, das Längenwachstum einzelner alpha-Synuclein-Fibrillen zeitaufgelöst zu analysieren. Mithilfe der Fluoreszenz-Mikroskopie machten sie dazu 40 Stunden lang regelmäßige Momentaufnahmen von Fibrillen, die auf einem Glasträger wuchsen.

Zusätzlich kam ein spezieller Farbstoff zum Einsatz, der hell aufleuchtete, wenn er mit den Eiweißfäden in Berührung kam. Die Analyse ergab, dass die Fibrillenbildung nicht kontinuierlich verläuft, sondern von regelmäßigen Pausen unterbrochen wird.

Wie es zu diesem „Stop-and-Go“-Muster kommt, ist bis jetzt nicht klar. Das Phänomen ist aber bereits von anderen fibrillenbildenden Proteinen bekannt – so etwa von Amyloid-beta, dessen Aggregate als wahrscheinliche Auslöser der Alzheimerschen Demenz gelten.

Im Vergleich mit den bei dieser Erkrankung auftretenden Aggregaten wachsen alpha-Synuclein-Fibrillen nach Messung der Forscher allerdings wesentlich langsamer. Dies sei wahrscheinlich durch die Form des Proteins bedingt, die das Andocken an die Fibrille erschweren könnte.

Paper inclusive Zeitraffer-Video der Fibrillenentstehung (ScienceDirect)

Originalpublikation:

Wördehoff et al.: Single fibril growth kinetics of alpha-synuclein. J. Mol. Biol. Vol 427, Issue 6, Part B, 27 March 2015, 1428–1435. Online: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0022283615000765#ec0010

Ansprechpartner:

Dr. Oliver Bannach
Institute of Complex Systems, Bereich Strukturbiochemie (ICS-6)
Tel.: +49 (0) 2461 61-9448
Email: o.bannach@fz-juelich.de

Pressekontakt:

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Institute of Complex Systems, Bereich Strukturbiochemie (ICS-6)
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