Neues von der Nebenniere

Forschungsgruppen aus Würzburg, München und Colorado haben nachgewiesen, dass die Zellen der Nebenniere für eine bestimmte Form des Zelltods, die Ferroptose, besonders empfänglich sind.

Diese Entdeckung kann mithelfen, Krankheiten der Nebennieren besser zu verstehen. Sie könnte laut dem Würzburger Endokrinologen Dr. Matthias Kroiß außerdem dazu beitragen, neue Therapien gegen Nebennierentumoren zu entwickeln.

Für deren Behandlung und Erforschung ist die Würzburger Universitätsmedizin ein weltweites Kompetenzzentrum.

Nebennieren gelten als „Stressorgane“

Jeder Mensch hat zwei Nebennieren. Sie liegen oberhalb der Nieren, haben mit diesen rein funktionell aber nichts zu tun. In der Medizin werden die Nebennieren gern als „Stressorgane“ bezeichnet – das liegt daran, dass sie Stresshormone wie Adrenalin und – in der Nebennierenrinde – Cortisol produzieren.

Von einer Million Menschen werden etwa 100 krank, weil ihre Nebennieren nicht richtig funktionieren. „Bei einigen Patienten fällt die Cortisolproduktion zu gering oder ganz aus, das nennt man eine Nebenniereninsuffizienz“, erklärt Kroiß. Außerdem können Tumore der Nebenniere auftreten, die insgesamt häufig und in der Regel gutartig, in seltenen Fällen bösartig und dann schwer zu therapieren sind.

Sauerstoffradikale leiten die Ferroptose ein

Im Fachblatt Cell Death and Disease beschreibt ein Team um Dr. Matthias Kroiß und Dr. José Pedro Friedmann Angeli eine Eigenschaft von Nebennierenzellen, die bisher unbekannt war.

Bei der Produktion vor allem des Stresshormons Cortisol entstehen in den Nebennieren auch sogenannte Sauerstoffradikale, zerstörerisch wirkende Varianten des Sauerstoffs. Die Radikale beschädigen die Zellen, der Organismus leitet deren Zelltod ein. Die Form des Zelltods, den das Forschungsteam an den Nebennieren untersucht hat, wurde erst jüngst entdeckt. Sie nennt sich Ferroptose.

„Dabei schädigen die Sauerstoffradikale bestimmte mehrfach ungesättigte Fettsäuren der Zelle, die Adrensäure und die Arachidonsäure. Genau diese beiden Fettsäuren sind in den Membranen der Nebennierenzellen und ihrer Tumore besonders reichhaltig vorhanden“, sagt Kroiß. Das haben die Erstautoren der Publikation, die Würzburger Post-Doc Isabel Weigand und der klinische Forscher Jochen Schreiner, in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum München nachgewiesen.

Denkbare Wege zu neuen Therapien

Diese Erkenntnis lässt sich in der Zukunft womöglich für die Behandlung von Nebennierenkrebs nutzen. Den Tumorpatienten könnte es helfen, wenn man den Zelltod durch ein Medikament weiter befeuert. Das würde die ungehemmt wachsenden Tumorzellen eliminieren. Kroiß: „Gerade weil die bösartigen Nebennierentumoren derzeit schwer zu behandeln sind, kommt unserer Entdeckung eine große Bedeutung zu.“ Auch für die Behandlung von Patienten mit Nebenniereninsuffizienz könnten die Daten neue Ansätze liefern.

Viele Forschungsfragen zu klären

Ob entsprechende Medikamente nur vereinzelt oder bei vielen Patienten helfen würden, können die Forscher derzeit nicht abschätzen. Überhaupt sind noch viele Fragen offen, die das Würzburger Team in den kommenden Jahren klären will.

„Wir haben den grundlegenden Prozess der Ferroptose ja nicht am lebenden Menschen, sondern nur an verschiedenen Zelllinien gezeigt. Wir wissen auch noch nicht, inwieweit sich der Zelltodprozess für die Behandlung von Krankheiten ausnutzen lässt“, so der Würzburger Hormonexperte Kroiss: „Wir wissen bisher nur, dass er stattfindet und dass er durch die spezialisierte Funktion der Nebennierenrinde, nämlich die Stresshormonproduktion, begünstigt wird.“

Förderer

Diese Arbeiten wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, unter anderem im Rahmen des Sonderforschungsbereichs Transregio 205.

PD Dr. Dr. Matthias Kroiß, Endokrinologie, Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Würzburg, T +49 931 201-39939, kroiss_m@ukw.de

Active steroid hormone synthesis renders adrenocortical cells highly susceptible to type II ferrop-tosis induction. Weigand et al., Cell Death and Disease (17. März 2020) 11:192, Open Access https://doi.org/10.1038/s41419-020-2385-4

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Robert Emmerich idw - Informationsdienst Wissenschaft

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