Neues aus dem Reich der Ameisen

Eine Arbeiterin der Rossameisen-Art Camponotus floridanus. In diesen Tieren haben Würzburger Forscher Peptide nachgewiesen, die Bakterien töten können.<br><br>Foto: Heike Feldhaar<br>
Auch Insekten müssen sich gegen Bakterien wehren. Ameisen zum Beispiel leben am Boden und fressen oft die Kadaver anderer Tiere – da bleibt es nicht aus, dass sie in sehr engen Kontakt mit potenziell schädlichen Mikroorganismen kommen. Zu ihrer Verteidigung setzen sie unter anderem kleine Eiweißmoleküle ein, so genannte antimikrobielle Peptide, die Bakterien abtöten können.
„Solche Peptide kommen bei allen Lebewesen vor, auch beim Menschen, und es gibt davon sehr viele unterschiedliche Typen“, erklärt Carolin Ratzka vom Biozentrum der Universität Würzburg. Einige dieser Peptide hat die Doktorandin mit ihrem Betreuer Professor Roy Gross und anderen Kollegen jetzt bei der Charakterisierung des antimikrobiellen Potenzials von Rossameisen (Camponotus floridanus) nachgewiesen. Dabei fanden die Forscher einige überraschende Dinge, die auch Auswirkungen auf derzeit gängige Hypothesen zum Immunsystem sozialer Insekten haben dürften.
Peptide bei sozialen Insekten
Im Erbgut der Taufliege Drosophila liegen Baupläne für etwa 20 verschiedene antimikrobielle Peptide, und auch bei anderen Insekten ist diese Zahl hoch. „Doch soziale Insekten wie Bienen und Ameisen haben nur sehr wenige Peptid-Gene“, sagt Carolin Ratzka.
Manche Biologen nehmen darum an, dass Bienen & Co. nicht so viele von diesen Abwehrstoffen brauchen, weil sie eine soziale Verteidigung ausüben: Die Tiere putzen sich gegenseitig, sortieren kranke Brut aus und halten ihre Nester sauber. Dadurch könnten sie sich die kostenintensive Produktion vieler verschiedener Abwehrpeptide sparen.
Viele Peptide aus einem Gen
Doch zumindest bei Ameisen ist die Zahl der antimikrobiellen Peptide nun höher als gedacht, wie die Würzburger Wissenschaftler im Fachmagazin PLoS ONE zeigen. Bei der Rossameise fanden sie neben den zwei bislang bekannten Peptid-Genen ein weiteres: Es hat eine sich wiederholende Struktur und birgt dadurch die Baupläne für gleich sieben antimikrobielle Peptide. Daraufhin untersuchten die Forscher noch weitere Ameisenarten und fanden, dass bei einer davon das Gen sogar 23 verschiedene Peptide hervorbringen kann.
„Dabei unterscheiden sich die einzelnen Peptide in ihrer Sequenz voneinander, was einen Einfluss auf ihr Wirkungsspektrum gegen Bakterien haben könnte“, sagt Professor Roy Gross. Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, ob diese Vermutung stimmt und gegen welche Bakterien sich die neu gefundenen Peptide richten. Die Würzburger Biologen sind da zuversichtlich. Denn von Honigbienen kennen sie sehr ähnliche Peptide – und die sind allesamt dazu in der Lage, krankheitserregende Bakterien zu bekämpfen.
Ratzka C, Förster F, Liang C, Kupper M, Dandekar T, et al. (2012): Molecular Characterization of Antimicrobial Peptide Genes of the Carpenter Ant Camponotus floridanus. PLoS ONE 7(8): e43036, 9 August 2012, doi:10.1371/journal.pone.0043036
Im Internet ist die Publikation zu finden unter
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0043036
Kontakt
Carolin Ratzka, Lehrstuhl für Mikrobiologie, Biozentrum der Universität Würzburg, T (0931) 31-88029, carolin.ratzka@uni-wuerzburg.de
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