Neue Methode zur Trennung steifer und weicher Blutzellen

Computersimulationen zeigen, wie unterschiedlich elastische rote Blutkörperchen dreieckige Trennstäbe umströmen. Forschungszentrum Jülich / Dmitry Fedosov

Mithilfe von Simulationen auf dem Jülicher Superrechner JURECA haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich nun einen Weg gefunden, wie sich die Deformierbarkeit der roten Blutkörperchen in mikrofluidischen Apparaten durch eine Modifikation sogenannter DLD-Systeme günstig, schnell und einfach messen lässt.

DLD ist eine relativ einfache und für den klinischen Alltag relevante Methode, mit der sich Zellen gemäß ihrer Größe trennen lassen. Die Abkürzung steht für „Deterministic lateral displacement”, zu deutsch „deterministische seitliche Verschiebung“.

Bei dem Verfahren strömen Zellen in einer Flüssigkeit durch eine gitterartige Anordnung von stabförmigen Hindernissen. Je nach Größe durchlaufen sie dabei unterschiedliche Bahnen.

Partikel, die deutlich kleiner sind als die Abstände zwischen den Hindernissen, strömen praktisch ungehindert zwischen diesen hindurch. Objekte, die ähnlich groß oder größer sind, werden dagegen seitlich abgelenkt und „herausgesiebt“.

Computersimulationen haben nun ergeben, dass sich mit einer solchen Anordnung von Hindernissen nicht nur die Größe, sondern auch die Elastizität der Zellen bestimmen lässt – wenn man anstelle der bisher üblichen runden Trennstäbe ein Gitter aus scharfkantigen Stäben benutzt. Die weichen Blutzellen verbiegen sich teilweise sehr stark, wenn sie eine der scharfen Kanten umströmen.

Wie stark sie sich verformen, hat Auswirkungen darauf, auf welcher Seite sie das nächste Stäbchen passieren – was sich zum Sortieren der Zellen nach dem Grad ihrer Verformbarkeit ausnutzen lässt. Beim Zusammenstoß mit klassischen runden Trennstäben behalten die Zellen dagegen eher ihre Form bei, sodass die Trennung mit diesen nicht funktioniert.

„Wir gehen davon aus, dass es möglich ist, auf der Basis dieses Konzepts ein Gerät für medizinische Zwecke zu entwickeln. Die Feinabstimmung der optimalen experimentellen Bedingungen steht allerdings noch aus“, erklärt Dr. Dmitry Fedosov vom Jülicher Institute of Complex Systems (ICS-2 / IAS-2).

Die Sortierung von Zellen und anderen Mikropartikeln durch speziell geformte Hindernisse wurde bereits vorher experimentell verfolgt – allerdings primär nach dem Trial-and-Error-Verfahren. Die Simulationen der Wissenschaftler um Dr. Dmitry Fedosov zeigen nun im Detail, wie sich rote Blutkörperchen bei der Umströmung verschieden geformter Hindernisse – runde, dreieckige, rauten- und trapezförmige – verhalten. Auch auf andere Zelltypen soll die Technik prinzipiell anwendbar sein.

Die Ergebnisse wurden als „Editors‘ Suggestion“ im Februar 2019 im Fachmagazin „Physical Review Fluids“ vorgestellt.

Prof. Dr. Gerhard Gompper
Institute of Complex Systems und Institute for Advanced Simulation – Theorie der Weichen Materie und Biophysik (ICS-2/IAS-2)
Tel.: +49 2461 61-4012
E-Mail: g.gompper@fz-juelich.de

Dr. Dmitry A. Fedosov
Institute of Complex Systems und Institute for Advanced Simulation – Theorie der Weichen Materie und Biophysik (ICS-2/IAS-2)
Tel. +49 2461 61-2972
E-Mail: d.fedosov@fz-juelich.de

Sharp-edged geometric obstacles in microfluidics promote deformability-based sorting of cells
Zunmin Zhang, Wei Chien, Ewan Henry, Dmitry A. Fedosov, and Gerhard Gompper
Phys. Rev. Fluids 4, 024201 (published 13 February 2019), DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevFluids.4.024201

http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2019/fachmeldungen/… Fachmeldung des Forschungszentrums Jülich

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Dipl.-Biologin Annette Stettien Forschungszentrum Jülich

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