Neue Erkenntnisse zur Reparatur von DNA-Schäden / Bedeutsam für Krebsforschung

Die Autorinnen der Veröffentlichung zur Reparatur von DNA-Schäden: Monika Steinlage, Szilvia Juhász und Ronja Biehs (v.l.) Monika Steinlage / TU Darmstadt. Veröffentlichung nur im Zusammenhang mit Berichterstattung über die im Text genannten Veröffentlichung!

Die DNA als Träger unserer Erbinformation ist einer ständigen Schädigung ausgesetzt. Beim schwerwiegendsten aller Schäden, dem DNA-Doppelstrangbruch, werden beide Stränge der Doppelhelix gebrochen und der DNA-Strang in zwei Stücke geteilt. Werden solche Brüche von der Zelle nicht effizient behoben, geht wichtige Erbinformation verloren, was oftmals mit dem Zelltod einhergeht oder zu bleibenden genetischen Veränderungen und zur Entartung von Zellen führt. So haben sich im Laufe der Evolution Reparaturwege für diesen DNA-Schaden entwickelt, bei denen viele Enzyme zusammenspielen, um die Erbinformation mit höchstmöglicher Präzision wiederherzustellen.

Nach heutigem Kenntnisstand gibt es zwei Hauptwege zur Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen, die sich allerdings in ihrer Präzision sowie in ihrer Komplexität maßgeblich unterscheiden. Beim mutmaßlich einfacheren Weg, der sogenannten nicht-homologen Endverknüpfung, werden die Bruchenden möglichst schnell verbunden, ohne dass allzu großer Wert darauf gelegt wird, die geschädigte Erbinformation akkurat wiederherzustellen.

Der zweite Reparaturweg, die homologe Rekombination, benutzt dagegen die auf einer Schwesterkopie vorliegende, exakt identische Information, um die geschädigte DNA hochpräzise zu reparieren. Allerdings liegen solche Schwesterkopien nur in sich teilenden Zellen vor, da die Erbinformation vor der Zellteilung verdoppelt werden muss. Die meisten Zellen des menschlichen Körpers befinden sich jedoch nicht in der Teilung und sind daher auf den mutmaßlich fehlerhafteren Weg der Endverknüpfung angewiesen.

„Hier setzt unsere Forschung an“, erklärt TU-Professor Markus Löbrich, der sich mit seiner Arbeitsgruppe und Kollegen der University of Sussex in England seit vielen Jahren dem Studium der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen widmet. „Es erschien uns wenig einsichtig, dass beim Reparaturvorgang der nicht-homologen Endverknüpfung wichtige genetische Information verloren gehen soll.“

Die Forschungsteams untersuchten daraufhin – mit überraschendem Ergebnis – die enzymatischen Vorgänge, die an den Brüchen vor deren Verknüpfung ablaufen. Im Gegensatz zur bisherigen Lehrmeinung werden die Bruchenden nämlich nicht einfach miteinander verbunden, sondern durch spezielle Enzyme derart verändert, dass die durch den Bruch verloren gegangene Information durch Zuhilfenahme einer Kopie identisch repariert werden könnte.

Diese Veränderungen an den Bruchenden – im Fachjargon „Resektion“ genannt – erinnern sehr stark an den Vorgang der homologen Rekombination, bei dem eine Schwesterkopie als Matrize zur präzisen Reparatur dient. Nur gibt es in nicht teilenden Zellen keine Schwesterkopie der DNA, so dass bisher noch unklar ist, woher die für die präzise Reparatur notwendige Kopie der Erbinformation stammen könnte.

Dennoch liefern die neuen Befunde eindeutige Hinweise darauf, dass auch Zellen, die sich nicht teilen, DNA-Doppelstrangbrüche unter Zuhilfenahme von Kopien der Erbinformation reparieren. Dieser Befund ermöglicht auch Fortschritte bei Verfahren zur Gentherapie, wenn im Falle von vorliegenden Erbkrankheiten Genfehler über eingeschleuste Kopien gewissermaßen repariert werden sollen.

Studie:
Ronja Biehs, Monika Steinlage, Olivia Barton, Szilvia Juhász, Julia Künzel, Julian Spies, Atsushi Shibata, Penny A. Jeggo und Markus Löbrich: „DNA double-strand break resection occurs during non-homologous end-joining in G1 but is distinct from resection during homologous recombination”, in: Molecular Cell
http://dx.doi.org/10.1016/j.molcel.2016.12.016

Kontakt:
Fachbereich Biologie
Prof. Dr. Markus Löbrich
Tel.: 06151/16-24620
E-Mail: lobrich@bio.tu-darmstadt.de
MI-Nr. 08/2017, Löbrich/feu

http://dx.doi.org/10.1016/j.molcel.2016.12.016 Die Veröffentlichung online

Media Contact

Silke Paradowski idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.tu-darmstadt.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer