Insekten teilen den gleichen Signalweg zur dreidimensionalen Entwicklung ihres Körpers

Käferembryonen (Mehlkäfer Tribolium castaneum) während der Ausbildung der dreidimensionalen Körperstruktur Foto: Siegfried Roth

Ein Signalweg, der in der Fruchtfliege Drosophila melanogaster die Morphogenese, also die Ausbildung der dreidimensionalen Körpergestalt des Fliegenkörpers reguliert, ist auch von zentraler Bedeutung für die frühe Entwicklung des Embryos in anderen Insekten wie Käfern, Grillen und Wanzen.

Bei diesen Insekten wird der Signalweg sogar für die Ausbildung der primären Zellschicht des Embryos benötigt. Der Nachweis dieser weiteren Funktion in stammesgeschichtlich weit voneinander entfernten Insekten lässt vermuten, dass der „Fog“-Signalweg (Folded gastrulation) in allen Insekten eine zentrale entwicklungsbiologische Funktion erfüllt und somit zum evolutiven Ursprungsrepertoire der Insekten gehört.

Das ist das Ergebnis einer grundlagenwissenschaftlichen Studie von einem Team um Professor Dr. Siegfried Roth vom Institut für Zoologie der Universität zu Köln, die unter dem Titel „Fog signaling has diverse roles in epithelial morphogenesis in insects“ in eLife veröffentlicht ist.

Für die Erforschung von Entwicklungsgenen bei Drosophila erhielten Christiane Nüsslein-Volhard, Eric Wieschaus und Edward B. Lewis 1995 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Manche dieser Gene sind im ganzen Tierreich – von der Fruchtfliege bis zum Menschen hin – erhalten geblieben, andere Entwicklungsgene scheinen spezifisch an die schnelle Entwicklung des Drosophila-Embryos angepasst zu sein. Bisher wurde der Fog-Signalweg zu diesen Drosophila spezifischen Komponenten gezählt.

Die Arbeitsgruppe des Kölner Zoologen Roth fand nun heraus, dass Fog keinesfalls exklusiv in Drosophila-Embryonen wirkt.

Die Gruppe konnte mithilfe von echtzeitlicher molekularer Bildgebung außerdem zeigen, dass der Signalweg auch Funktionen hat, die von Drosophila nicht bekannt sind.

So wird „Fog“ im Käfer-Embryo auch für die Wanderung der Geschlechtszellen, für die Ausbildung der extraembryonalen Hüllen („Serosa“ und „Amnion“) und für die am Beginn der Embryonalentwicklung stehende Bildung der primären Zellschicht gebraucht.

Da gerade die letztere Funktion auch in Vertretern stammesgeschichtlich älterer Gruppen wie Wanzen und Grillen vorhanden ist, könnte sie die ursprüngliche Funktion des Signalwegs darstellen.

„Unsere Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis bei, woher die in allen Lehrbüchern beschriebenen Eigenschaften der Drosophila-Entwicklung kommen und wie sich diese Entwicklungsprozesse selbst in der Evolution verändert haben. Der Vergleich mit anderen Insekten zeigt, dass der Signalweg in der Evolutionslinie, die zu Drosophila führt, Funktionen verloren hat“, so Professor Roth.

„Der Fog-Signalweg spielt demnach eine uralte Rolle bei der frühen Morphogenese bei Insekten und kann vielfältige Funktionen bei der Ausbildung und Faltung von Zellschichten erfüllen.“
Die Studie wurde im Rahmen des Kölner Sonderforschungsbereichs 680 „Molekulare Grundlagen evolutionärer Innovationen“ initiiert, der von 2006 bis 2017 an der Universität zu Köln eingerichtet war.

Inhaltlicher Kontakt:
Prof. Dr. Siegfried Roth
Institut für Zoologie
+49 221 470-2491
siegfried.roth@uni-koeln.de

Presse und Kommunikation:
Frieda Berg
+49 221 470-1704
f.berg@uni-koeln.de

Zur Veröffentlichung:
https://elifesciences.org/articles/47346

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer