Geheimes Leben zwischen Ölpalmenwedeln

Dr. Valentyna Krashevska sammelt Proben von Organismen zur Analyse. Das Team sammelte über 55.000 lebende Organismen. Dr. Valentyna Krashevska

Die Bedrohung von Insekten und anderen Kleinstlebewesen durch die Abholzung des Regenwaldes und die Folgen für die Umwelt in tropischen Regionen sind bekannt. Bisher noch nicht untersucht wurde, ob und wie die Ölpalmenplantagen dazu beitragen, die Populationen von winzigen unterirdisch lebenden Tieren zu erhalten, die wiederum den Boden gesund erhalten.

In einer neuen Studie unter Leitung der Universität Göttingen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine hohe biologische Aktivität oberhalb des Bodens entdeckt. Dieser Bereich kann als Oase für Bodenorganismen dienen.

(pug) Das Team stellte fest, dass der Hängeboden in den Zwischenräumen, in denen der Wedel aus dem Palmenstamm herauswächst, tatsächlich neue Mikrolebensräume bieten kann, in denen Bodenlebewesen gedeihen können. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Frontiers in Ecology and the Environment erschienen.

Die rasche Ausdehnung der Ölpalmplantagen in ganz Südostasien aufgrund des zunehmenden globalen Ressourcenbedarfs hat Auswirkungen auf die Umwelt. Regenwälder werden abgeholzt, was zu großen Verlusten an Bodenstruktur, Fruchtbarkeit und biologischer Vielfalt führt.

Im Boden befinden sich viele Lebewesen, die wichtig für die Funktionen des Ökosystems sind:

Sie stellen Nährstoffe zur Verfügung, bilden Bodenstrukturen, zersetzen Material und bekämpfen Schädlinge. Um etwas über die biologische Aktivität im Boden in Ölpalmplantagen zu erfahren, untersuchten Forscherinnen und Forscher der Universität Göttingen den Boden in sechs verschiedenen Kleinlebensräumen in einer 16 Jahre alten Ölpalmplantage auf Sumatra, Indonesien.

Ein Team des Sonderforschungsbereichs EFForTS (Ökologische und Sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme) sammelte 9.205 Individuen der Makrofauna (Regenwürmer und große Arthropoden wie Ameisen, Fliegenlarven und Tausendfüßer), 40.229 der Mesofauna (kleine Arthropoden wie Springschwänze und Milben), 2.895 Fadenwürmer und 4.467 Schalenamöben (Einzeller mit einer Schutzschale).

„Da viele Ölpalmenplantagen dauerhaft bestehen bleiben werden, ist es unerlässlich, ein besseres Verständnis der biologischen Vielfalt des Bodens über Kleinlebensräume hinweg zu erhalten“, erklärt Dr. Anton Potapov von der Universität Göttingen. „Dies wird Landwirten und Plantagenbesitzern helfen, nachhaltigere Methoden zu entwickeln, um die Funktionsfähigkeit des Ökosystems zu erhalten.“

Einer der untersuchten Kleinlebensräume entsteht durch die Ansammlung von Laubmaterial und anderem Pflanzenabfall in den Lücken an der Basis der Palmwedel. Das organische Material bildet mit Erde gefüllte Spalten, die sich an den Stämmen der Palmen oberhalb der eigentlichen Erdoberfläche befinden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten, dass in diesen Schwebeböden weitaus mehr aktive Bodenbewohner vorkommen als unter der Erde.

„Eine hohe Aktivität im Schwebeboden gleicht die Verschlechterung des Bodens zwar nicht aus“, sagt Dr. Valentyna Krashevska von der Universität Göttingen, „aber mit dem neuen Wissen können wir den Schwebeboden während der Plantagenbewirtschaftung besser erhalten. Das kann die durch die Ölpalmplantagen verursachten Schäden an bodengebundenen Prozessen und der Biodiversität zumindest teilweise ausgleichen.“

Dr. Anton Potapov
Georg-August-Universität Göttingen
Johann-Friedrich-Blumenbach-Institut für Zoologie & Anthropologie
Untere Karspüle 2, 37073 Göttingen
Telefon: 0551 3925800
E-Mail: anton.potapov@biologie.uni-goettingen.de
www.uni-goettingen.de/en/576121.html

Dr. Valentyna Krashevska
Georg-August-Universität Göttingen
Johann-Friedrich-Blumenbach-Institut für Zoologie & Anthropologie
Telefon: 0551 3925410
E-Mail: vkrashe@gwdg.de
www.uni-goettingen.de/de/valentyna-krashevska/114632.html

Potapov A et al. Aboveground soil supports high levels of biological activity in oil palm plantations. Frontiers in Ecology and the Environment (2020). DOI: https://doi.org/10.1002/fee.2174

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Thomas Richter idw - Informationsdienst Wissenschaft

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