Forscher steuern Protein zur Wärmeerzeugung und Fettverbrennung im Körper
Ein Protein im braunen Fettgewebe ermöglicht Wärmeerzeugung, auch ohne Muskelaktivität. Das so genannte UCP1 ermöglicht Babies und winterschlafenden Tieren sich ohne Zittern warm zu halten.
Ein Forscherteam der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) hat nun festgestellt, dass eine spezielle chemische Verbindung, ein Aldehyd, unter speziellen Bedingungen das UCP1 aktivieren und so auch die Fettverbrennung ankurbeln kann. Die Ergebnisse könnten für die Behandlung der Fettleibigkeit genutzt werden. Die Daten wurden im Fachjournal Plos One veröffentlicht.
Das Entkopplerprotein 1 (UCP1), auch früher Thermogenin genannt, kommt ausschließlich im braunen Fettgewebe vor. Bis vor einigen Jahren dachte man, dass nur Babies und Winterschläfer dieses Fettgewebe besitzen. Seit man aber auch in Erwachsenen kleine Inseln von braunem Fettgewebe gefunden hat, wird UCP1 für die Bekämpfung der Fettleibigkeit interessant. „Fänden wir also heraus, wie dieses Protein reguliert werden kann, dann könnten wir eventuell auch die Fettverbrennung ankurbeln“, erklärt die Expertin für Membranbiophysik Prof. Elena Pohl von der Abteilung für Physiologie und Biophysik an der Vetmeduni Vienna.
UCP1 verbraucht Energie
Ganz genau gesagt steckt das Entkopplerprotein 1 in der Membran von Mitochondrien, den Energiekraftwerken, die sich in all unseren Körperzellen befinden. Besonders viele Mitochondrien gibt es in den Zellen, die viel Energie benötigen – beispielsweise die Muskelzellen. Im braunen Fettgewebe – es gibt auch weißes Fettgewebe, das den Hauptanteil unseres Körperfetts ausmacht – befinden sich auch sehr viele Mitochondrien. Sie sind für die Braunfärbung des Gewebes verantwortlich. UCP1 in den Mitochondrien des braunen Fettgewebes transportiert elektrisch geladene Teilchen in der Zelle und verbraucht („entkoppelt“) so Energie , die normalerweise für die herkömmliche Energieerzeugung in den Zellen verwendet wird. Dabei wird Wärme produziert. Mäuse, in denen man UCP1 ausgeschalten hat, frieren und winterschlafende Tiere würden ohne das Protein den Winter nicht überleben.
UCP1 im Körper regulieren
Die Forscher der Vetmeduni wollen seit einigen Jahren wissen, wie man UCP1 regulieren kann. In einem von FWF geförderten Projekt testeten sie, neben Fettsäuren, verschiedene Substanzen, die UCP1 aktivieren können. Eine der Substanzen ist der reaktive Aldehyd 4-hydroxy-2-nonenal (HNE). Mit einem selbst entwickelten System untersuchten die Forscher um Elena Pohl das Protein UCP1, indem sie es in eine künstlich hergestellte Doppel-Lipidschicht, die natürlichen Zellmembranen entspricht, einbauten. Bei einer Änderung der elektrischen Leitfähigkeit der Membran können die Biophysiker Rückschlüsse auf die Aktivierung von UCP1 ziehen. Die Forscher untersuchten nun die Aktivität von UCP1 während sie HNE auf die Membran tropften. Sie fanden heraus, dass sich UCP1 um ein vielfaches stärker aktivieren lässt, wenn man HNE mit Fettsäuren kombiniert. HNE alleine aktiviert UCP1 nur wenig. „In diesem Modell sind alle beteiligten „Spieler“ bekannt und man kann eindeutig feststellen, ob die untersuchte Substanz das Protein direkt beeinflusst. Diese Entdeckung könnte in Zukunft zum besseren Verständnis der Mechanismen, die für die Regulierung des Proteins verantwortlich sind, beitragen. Ein Ansatz zur Fettverbrennung im Körper könnte so auch gefunden worden sein“, erläutert Koautorin Olga Jovanovic.
Abbau von freien Radikalen
Reaktive Sauerstoffspezies, dazu gehören auch die freien Radikale, spielen eine wichtige Rolle in vielen biologischen Prozessen. Sie bewirken aber auch Zellschäden und spielen bei der Entstehung verschiedener Erkrankungen wie beispielsweise Krebs, Arteriosklerose oder Alzheimer eine entscheidende Rolle. Das Forscherteam zeigte in der aktuellen Arbeit auch, dass HNE zusammen mit den Fettsäuren potentiell in der Lage ist, diese schädlichen Formen des Sauerstoffs durch die Senkung des Membranpotentials zu minimieren. „Mit unserer Arbeit klären wir die molekularen Mechanismen der UCPs weiter auf. Wir werden noch Untersuchungen mit verschiedenen Aldehyden und anderen UCPs machen. Es gibt fünf verschiedene UCPs und ihre Funktionen sind noch nicht restlos geklärt. In weiterer Folge können dann entsprechende Therapien zu verschiedenen Erkrankungen entwickelt werden.“
Die Geschichte eines verwandten Diätmittels
In den 1930er Jahren gab es bereits einmal eine vielversprechende Substanz zur Gewichtsreduktion die ähnlich funktionierte. 2,4-Dinitrophenol wirkte, wie UCP1, als Entkoppler in den Mitochondrien der Zelle und beschleunigte den Stoffwechsel, wenn in entsprechenden Mengen eingenommen, bis zu 50 Prozent. Allerdings kam es in einigen Fällen zu schweren bis tödlichen Nebenwirkungen. Das Medikament wurde in Folge vom Markt genommen. „Wenn es uns gelingt UCP1 gut zu regulieren, geht die Geschichte vielleicht anders aus“, so Pohl.
Die wissenschaftliche Arbeit „Fatty acids are key in 4-hydroxy-2-nonenal-mediated activation of uncoupling proteins 1 and 2“, von Elena A. Malingriaux, Anne Rupprecht, Lars Gille, Olga Jovanovic, Petr Jezek, Martin Jaburek und Elena E. Pohl wurde im Fachjournal Plos One veröffentlicht. http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0077786
Über die Veterinärmedizinische Universität Wien
Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist die einzige veterinärmedizinische, akademische Bildungs- und Forschungsstätte Österreichs und zugleich die älteste im deutschsprachigen Raum (gegründet 1765). Die Vetmeduni Vienna forscht an Themen, die für die Gesellschaft bedeutend sind. Ihr Augenmerk gilt der Tiergesundheit ebenso wie der präventiven Veterinärmedizin, dem öffentlichen Gesundheitswesen genauso wie der Lebensmittelsicherheit. Im Forschungsinteresse stehen die Schaffung wissenschaftlicher Grundlagen für das Wohlbefinden von Tieren, Themen der Tierhaltung, des Tierschutzes und der Tierethik.
Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bildet zurzeit 2300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und modernste Forschungsinfrastruktur. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls dazu. http://www.vetmeduni.ac.at
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