Fettstoffwechsel beeinflusst Genaktivität
Die DNA einer Zelle windet sich um sogenannte Histone. Diese Proteine verpacken das Erbgut im Zellkern und spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Regulierung der Genaktivität. Durch Anhängen verschiedener Moleküle, können die Histone chemisch modifiziert und in ihrer Funktion verändert werden.
Viele dieser Moleküle stammen von Stoffwechselprodukten ab, daher liegt die Vermutung nahe, dass Umwelt- und Lebensstilfaktoren über diese Moleküle zu Veränderungen der Genaktivität führen – beispielsweise durch das Essen, das wir zu uns nehmen. Bisher war aber unklar, wie genau solche Histon-Modifikationen mit dem Stoffwechsel verknüpft sind und wie sie sich konkret auf die Genaktivität und die Organisation des Chromatins* auswirken.
In der aktuellen Studie untersuchte ein Team um Prof. Dr. Robert Schneider, Direktor des Instituts für Funktionale Epigenetik (IFE) am Helmholtz Zentrum München und an der LMU, zwei relativ neue Modifikationsarten: die sogenannte Propionylierung und die Butyrylierung. Dabei handelt es sich um das Anhängen von Propion- beziehungsweise Buttersäureresten (Butyrat).
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass diese beiden Modifikationen vor allem an Histon H3 vorkommen – konkret an einem Baustein, der Aminosäure Lysin an Position 14 (wissenschaftliche Abkürzung H3K14).
Propionat und Butyrat sind Teil des Fettstoffwechsels
Der Studie zufolge finden sich diese Merkmale besonders oft an hochaktiven Genen. Darüber hinaus verändert sich ihre Häufigkeit durch Veränderungen im Stoffwechsel – etwa infolge von Fastenperioden. Die Wissenschaftler zeigten im Reagenzglas auch, dass Propionsäurereste an Histonen zu einem stärkeren Ablesen der Gene führt.
“Sowohl Propionat- als auch Butyrat sind interessanterweise Produkte aus dem Fettsäurestoffwechsel“, erklärt Schneider. „Entsprechend könnten diese Histonmodifikationen eine Verbindung zwischen dem metabolischen Status der Zelle und der Chromatinstruktur darstellen.“
Um ihre Wirkung auf biologische Prozesse zu entfalten, müssen die Modifikationen aber erstmal von passenden Leseproteinen erkannt werden. Durch eine Kombination aus Pulldown Assays und Massenspektrometrie konnte das Team die entsprechenden Leseproteine für die neuen Modifikationen aufspüren. „Die Ergebnisse sind gerade mit Blick auf Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und Fettleibigkeit von hohem Interesse“, so Schneider. „Unser Ziel ist daher nun, die Rolle dieser neuen Genschalter in Modellen für solche Krankheiten zu überprüfen.“
Der Zusammenhang zwischen Histon-Modifikationen und Stoffwechsel ist auch deshalb interessant, weil das Enzym Propionyl-CoA Carboxylase (was Propionyl-CoA sonst abbaut) bereits mit metabolischen Erkrankungen in Verbindung gebracht wurde.
Weitere Informationen
* Chromatin bezeichnet das Material, aus dem die Chromosomen bestehen. Es handelt sich um einen Komplex aus DNA, RNA und speziellen Proteinen, von denen wiederum etwa die Hälfte Histone sind.
Hintergrund:
Die Studie entstand in Kooperation mit dem IGBMC Strasbourg und Maria Colomé-Tatché aus dem Institute of Computational Biology (ICB) am Helmholtz Zentrum München. Die Arbeit ist die erste Charakterisierung der neuen Histon-Acylierungen H3K14pr und H3K14bu und zeigt ihre direkte Verbindung zum Fettsäurestoffwechsel.
Die Autorinnen Anna Nieborak und Lara Zorro Shahidian sind Mitglieder der Helmholtz Graduate School Environmental Health, kurz HELENA.
Original-Publikation:
Kebede, AF. et al. (2017): Histone propionylation is a novel mark of active chromatin. Nature Structural and Molecular Biology, DOI: 10.1038/nsmb.3490
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Das Institut für Funktionale Epigenetik (IFE) befasst sich mit der Verpackung von Genen. Der Fokus liegt dabei auf den sogenannten Histonproteinen, auf denen die DNA aufgewickelt ist und die den Ausschlag darüber geben können, ob ein Gen abgelesen werden kann oder nicht. Zudem erforschen die Wissenschaftler die Zusammenhänge zwischen Volkskrankheiten und den oben genannten Prozessen. Durch neuartige Methoden sind sie in der Lage, Veränderungen dieser Prozesse sogar in einzelnen Zellen nachzuweisen. http://www.helmholtz-muenchen.de/ife
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