Färbezyklen mit Schwarzen Löchern – Ultraschnelles wiederholtes Färben und Entfärben von Zellproben zur Tumordiagnostik

Forscher färbten Tumore und ihre Mikroumgebung, entfärbten und färbten sie erneut in rascher Folge mit fluoreszierenden Antikörpern – durch Anknüpfen eines Fluoreszenzlöschers per „Klick-Chemie“. (c) Wiley-VCH

Um einen Tumor effektiv und gezielt bekämpfen zu können, ist es wichtig, die Zellen der Mikroumgebung sowie den Tumor-infiltrierende Immunzellen genau zu charakterisieren. Bisher konnten Analysen dieser dynamischen Änderungen mit konventionellen Biopsien und Gewebeschnitten Tagen oder Wochen benötigen oder fanden vor einer Behandlung gar nicht statt.

Eine alternative Methode ist die Feinnadelbiopsie, bei der nur wenige Tausend Zellen an verschiedenen Stellen des Tumors und seiner Umgebung entnommen werden. Sie birgt weniger Risiken und ist schneller, da sie ohne Einbetten und Anfertigen von Dünnschnitten auskommt.

Für eine repräsentative Einschätzung der Immunzellen-Populationen in der Mikroumgebung des Tumors müssen jedoch viele verschiedene Färbungen durchgeführt werden. Da die Zellzahl so gering ist, muss dieselbe Probe immer wieder gefärbt, entfärbt und erneut gefärbt werden. Für konventionelle harsche Entfärbungen sind die Zellen jedoch viel zu empfindlich und die Prozeduren würden viel zu lange dauern.

Das Team um Jonathan Carlson und Ralph Weissleder vom Massachusetts General Hospital Research Institute sowie der Harvard Medical School (Boston, MA, USA) hat jetzt eine ultraschnelle, hocheffiziente und dabei sanfte zyklische Methode für ein Multiplex-Protein-Profiling einzelner Zellen entwickelt, mit der eine Vielzahl verschiedener Färbungen gelingt.

Statt den Farbstoff abzuspalten oder zu bleichen, wird die Fluoreszenz des Farbstoffs einfach mit einem sogenannten Black Hole Quencher „ausgeknipst“. Black Hole Quencher absorbieren die Energie eines Fluoreszenzfarbstoffs über das komplette sichtbare Spektrum und wandeln sie in Wärme um, sobald sie nah genug herankommen, und löschen so das Leuchten des Farbstoffs aus.

Und so geht’s: An Antikörper, die charakteristische Marker-Moleküle der Zellen spezifisch erkennen, wird ein fluoreszenzierender Farbstoff über ein Verbindungsstück gebunden, das eine trans-Cyclookten-Gruppe trägt. Ist der gesuchte Marker in der Probe, bindet der Antikörper daran und die Fluoreszenz kann detektiert werden.

Dann wird der Quencher zugegeben. Er trägt eine Tetrazin-Gruppe. Über das Tetrazin und das trans-Cyclookten wird der Quencher ganz einfach wie über einen Druckknopf mit einem „Klick“ angeknüpft (daher der Name Klick-Chemie für diesen Reaktionstyp). Der Quencher wird so ortsspezifisch und damit effizient und extrem schnell in die Nähe des Farbstoffs gebracht und löscht dessen Fluoreszenz sofort aus.

Bemerkenswert ist die Schnelligkeit der Klick-Reaktion, die um drei Größenordnungen rascher lief als erwartet. Grund könnte die starke Wechselwirkung zwischen Fluoreszenzfarbstoff und Quencher sein.

Nach der Fluoreszenz-Löschung kann sogleich mit dem nächsten fluoreszierenden Antikörper gefärbt werden. Die Forscher konnten innerhalb einer Stunde zwölf verschiedene Marker-Moleküle in einer Probe färben. So könnten die Immunzellen-Populationen in Tumoren rasch charakterisiert werden, um den geeignetsten Therapieansatz auszuwählen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 06/2020

Autor: Ralph Weissleder, Massachusetts General Hospital (USA), https://csb.mgh.harvard.edu/weissleder

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

https://doi.org/10.1002/ange.201915153

http://presse.angewandte.de

Media Contact

Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer