Deutschlands erste „Arche Noah“ für Pflanzengewebe entsteht in Leipzig

Die Leipziger Biotech-Unternehmen BioPlanta und Vita 34 bauen gemeinsam Deutschlands erste Arche Noah für Pflanzen auf. Dazu werden Verfahren entwickelt, um pflanzliches Gewebe bei Temperaturen von etwa -190 Grad Celsius im Kälteschlaf zu konservieren. Die Pflanzenkryobank erlaubt eine theoretische Lagerdauer von mehreren tausend Jahren. Das Vorhaben wird von der Sächsischen Aufbaubank mit rund 500.000 Euro gefördert.

„Die Pflanzenvielfalt ist zunehmend gefährdet. Weltweit sind bereits etwa 75% der genetischen Vielfalt an Kulturpflanzen verloren gegangen“, sagte Dr. André Gerth, Geschäftsführer von BioPlanta. Eine Arche Noah für seltene Nutzpflanzen findet man auf der Insel Spitzbergen, Norwegen. In hundert Meter Tiefe werden Kulturpflanzensamen bei minus 18°C sicher aufbewahrt. Da jedoch die Keimfähigkeit der Samen mit der Dauer der Einlagerung abnimmt, müssen die Samenbestände regelmäßig erneuert werden. „Die Kältekonservierung von Pflanzengewebe mittels flüssigen Stickstoffs kann hier Abhilfe schaffen“, so Gerth. „Wir können heute aus Pflanzenproben, die kleiner als ein Stecknadelkopf sind, mehrere tausend Pflanzen klonen. Diese wiederum wären die Basis für weitere Züchtungen.“

Beim Aufbau der Pflanzenkryobank kooperiert BioPlanta mit der Nabelschnurblutbank Vita 34. Das Unternehmen ist Spezialist für die Kältekonservierung von Stammzellen. „Es ist bekannt, dass bei Temperaturen von -190 Grad Celsius keine nennenswerten Alterungsprozesse stattfinden“, sagt Dr. Eberhard Lampeter, Vorstandsvorsitzender von Vita 34. „Was bei der Langzeitlagerung von Nabelschnurblut-Stammzellen bereits funktioniert, wollen wir jetzt auf pflanzliche Zellen anwenden.“

In erster Linie ist die Pflanzenkryobank für die Langzeiteinlagerung sowohl von gezüchteten Sorten, als auch von Arten, deren Saatgut dauerhaft schlecht lagerbar ist, interessant. Das kryokonservierte Pflanzengewebe kann jederzeit aus der Pflanzenkryobank entnommen und vervielfältigt werden. Dazu wollen die Wissenschaftler zunächst eine einfache Prozedur für das Einfrieren und Auftauen des Gewebes etablieren. Um zu prüfen, dass das Ausgangsmaterial für die Langzeitlagerung geeignet ist, werden spezielle Vitalitätsmarker entwickelt und eingesetzt.

Einen Beweis für die erfolgreiche Verwendung von gefrorenem Zellmaterial hatten vor wenigen Monaten russische Wissenschaftler erbracht. Sie brachten aus einer rund 30.000 Jahre im sibirischen Permafrostboden gelagerten Pflanzenprobe wieder Blumen zum Blühen.

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Frank Schott idw

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