Neue Erkenntnisse über die Blut-Hirn-Schranke
Wissenschaftler von der Uni Würzburg haben etliche Gene identifiziert, die für die so genannte Blut-Hirn-Schranke charakteristisch sind. Ihre Ergebnisse werden der Forschung über Erkrankungen des Nervensystems – zum Beispiel über die Multiple Sklerose – voraussichtlich neue Impulse geben. Veröffentlicht wurde die Arbeit aus Würzburg im April 2002 im Fachblatt der Amerikanischen Gesellschaft für Experimentelle Biologie (FASEB-Journal).
Zusammensetzung und Funktionsweise der Blut-Hirn-Schranke sind bis heute nur in Ansätzen verstanden: Diese Barriere spielt beim Schutz des Gehirns vor schädlichen Stoffen eine Rolle, ermöglicht andererseits aber auch eine geregelte Energiezufuhr. Bei der Multiplen Sklerose ist die Funktion der Blut-Hirn-Schranke derart gestört, dass Entzündungszellen aus dem Blut ins Gehirn eindringen und das Nervengewebe schädigen können.
Im Bereich des Gehirns stellen die Endothelzellen, welche die innere Wand der Blutgefäße auskleiden, einen wichtigen Bestandteil der Blut-Hirn-Schranke dar. Dr. Boris Kallmann und seine Mitarbeiter von der Neurologischen Klinik der Uni Würzburg haben nun für die Blut-Hirn-Schranke charakteristische Gene in diesen Endothelzellen nachgewiesen.
Die Wissenschaftler haben in ihrer Studie Endothelzellen aus dem Gehirn und aus der Nabelschnur miteinander verglichen. Sie betrachteten die Aktivität von 375 Genen, deren Sequenz bekannt war. Ergebnis: 35 Gene waren ausschließlich im Gehirn, 20 nur in der Nabelschnur aktiv. 78 Gene waren in beiden Proben aktiviert, aber teilweise in unterschiedlicher Stärke.
Die am Aufbau der Blut-Hirn-Schranke beteiligten Endothelzellen produzieren Proteine, die für die Bildung von Blutgefäßen und die Immunregulation sowie als Wachstumsfaktoren unter anderem für Nervengewebe wichtig sind. Dies werfe, so Dr. Kallmann, ein neues Licht auf die Rolle des Endothels: Offenbar ist das Zusammenspiel dieser Zellen mit ihrer Umgebung für die einwandfreie Funktion von Organen noch viel wichtiger als bisher angenommen.
Weitere Untersuchungen müssen nun zeigen, welche genauen Funktionen die 35 Gene unter normalen und krankhaften Bedingungen ausüben. Laut Dr. Kallmann hat die Studie an der Würzburger Neurologischen Klinik eine Tür für zukünftige Forschungen im Bereich der Blut-Hirn-Schranke geöffnet. Mit Hilfe des dabei gewonnenen Wissens könne man darüber hinaus neue therapeutische Ansätze für Erkrankungen entwickeln, bei denen eine Störung der Blut-Hirn-Schranke vorliegt.
Weitere Informationen: Dr. Boris Kallmann, T (0931) 201-24621 (Klinikpforte), Fax (0931) 201-23697, E-Mail:
b.kallmann@mail.uni-wuerzburg.de
Der Artikel „Characteristic gene expression profile of human cerebral endothelial cells“ von Boris-A. Kallmann, Sven Wagner, Vera Hummel, Mathias Buttmann, Antonios Bayas, Jörg C. Tonn und Peter Rieckmann ist nachzulesen im FASEB-Journal, online publiziert am 12. Februar 2002, Druckversion April 2002, Vol. 16, Seiten 589 – 591.
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