Dem Geheimnis der Stammzellnischen auf der Spur

Der Ursprung und die Regulation von Stammzellen gehören zu den heute am intensivsten untersuchten biologischen Fragestellungen. In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals Nature haben Freiburger Forscher die Entdeckung von Gemeinsamkeiten bei der Regulation der Stammzellen in den Wachstumszentren, den so genannten Meristemen, der Pflanzen veröffentlich. Die Wissenschaftler zeigten, dass Stammzellen nicht vorprogrammiert sind. Zudem fanden sie entscheidende Hinweise dafür, wie Pflanzen beim Übergang vom Wasser zum Landleben während der Evolution eine Wurzel entwickelten.

Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, die sich teilen und als nicht versiegende Quelle dienen, um für den täglichen Bedarf neuer Zellen und Geweben eines Organismus sicherzustellen. Bei Menschen und Tieren entstehen aus verschiedenen Stammzellen zum Beispiel neue Blut-, Haut- oder Darmzellen. Bei Pflanzen können aus den Stammzellen in den Meristemen sogar komplette neue Organe gebildet werden. Damit Stammzellen nicht selbst zu differenzierten Zellen und damit teilungsunfähig werden, befinden sie sich an geschützten Orten in einem Organismus, den Stammzellnischen, wo die Nachbarzellen Signale zur Unterdrückung der Differenzierung erzeugen.

Bislang haben Forscher gerätselt, wie unterschiedliche Stammzellnischen während der Evolution entstanden sind und ob sie gleiche oder unterschiedliche Regulatoren benutzen. Entwicklungsgenetiker der Universität Freiburg in der Forschergruppe von Professor Dr. Thomas Laux haben in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universitäten Utrecht, Niederlande, und Nara, Japan, entdeckt, dass die Differenzierung von Stammzellen in den Nischen von Spross- und Wurzelmeristemen durch sehr ähnliche und sogar austauschbare Regulatorgene unterdrückt und damit die Selbsterhaltung der Stammzellen ermöglicht wird.

Pflanzen mussten während der Evolution als Anpassung an den Übergang vom Wasser zum Landleben Wurzel entwickeln. Woher die Wurzel kommt konnte durch Versteinerungen von Pflanzen schlecht beurteilt werden, da Abdrücke von der Wurzel als weiches Gewebe in der Regel nicht erhalten sind. Die von den Freiburger Forschern entdeckten molekularen Gemeinsamkeiten liefern auch einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Wurzel aus einem umgestalteten Spross entstanden ist, der sich im Laufe der Evolution mehr und mehr spezialisiert hat.

Wegen ihrer Pluripotenz – die Fähigkeit verschiedene Zellen zu bilden – sind Stammzellen von großer Bedeutung für die regenerative Medizin und für die grüne Biotechnologie. Bislang war unklar, ob so genannte adulte Stammzellen vorprogrammiert sind, so dass aus ihren Tochterzellen nur bestimmte Zelltypen entstehen können. Das würde natürlich die Anwendungsmöglichkeiten von Stammzellen in der regenerativen Biologie stark einschränken. Die Freiburger Forscher konnten aber im Gegensatz zu früheren Befunden die von ihnen gefundenen Gene zwischen Spross und Wurzel einfach austauschen und Stammzellen herstellen, die immer wieder die „richtigen“ Zellen produzierten, also Wurzelzellen in der Wurzel und Sprosszellen im Spross. Das eröffnet die Möglichkeit, durch Verwendung der gefundenen Gene in jedem Gewebe die richtigen Zellen zu erzeugen.

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Laux
Institut für Biologie 3
Tel.: 0761/203-2943
E-Mail: laux@biologie.uni-freiburg.de

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Rudolf-Werner Dreier idw

Weitere Informationen:

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