Genetischer Barcode als Giftbarometer

Ein Forscherteam des Karlsruher Institute of Technology KIT hat ein innovatives Testsystem für Umweltgifte entwickelt. Ein Team vom Institut für Toxikologie und Genetik (ITG) verwendet dafür Fisch-Embryonen, bei denen sich Auswirkungen von Umweltgiften sehr spezifisch zu einem frühen Zeitpunkt genetisch nachweisen lassen. Mit dem System kann eine Vielzahl von Giften wie Dioxin, DDT, Cadmium oder Quecksilber ausgemacht werden.

Im frühen Entwicklungsstadium reagieren Lebewesen äußerst empfindlich auf chemische Einflüsse. „Bisher war allerdings kaum bekannt, ob und in welchen Dosen chemische Stoffe toxisch auf das sich entwickelnde Leben wirken“, erklärt ITG-Institutsleiter Uwe Strähle gegenüber pressetext. Dies gelte nicht nur für Umweltgifte, sondern auch für zahlreiche Substanzen, die beispielsweise in Medikamenten verwendet werden. „Der von uns entwickelte Test ist mit einer großen Zahl an verschiedenen Giften zurechtgekommen“, erklärt der Wissenschaftler. Die Forscher haben für die Testentwicklung Embryonen des Zebrabärblings verschiedenen Giften ausgesetzt und anschließend die genetische Reaktion analysiert.

„Wenn die Embryonen mit verschiedenen Giften in Kontakt gebracht werden, werden im Organismus mehrere hundert Gene aktiviert“, so Strähle. Das Ergebnis sei ein bestimmtes typisches Genmuster, das wie ein genetischer Barcode abgelesen werden kann. „Mit der Methode kann man das eingesetzte Umweltgift mit hoher Treffsicherheit vorhersagen“, erklärt der Forscher. Die Auswirkungen zeigten sich bereits bei einer Konzentration, die noch keine äußerlichen Veränderungen der Embryonen zur Folge hatte. Das Verfahren sei damit sensibler als die zurzeit üblichen Biomonitoring-Tests, bei denen morphologische Änderungen als Hinweis für einen toxischen Effekt dienen.

Das Pilotprojekt sei nun abgeschlossen, erklärt Strähle. „Was uns allerdings weit mehr interessiert, ist die molekulare Wirkung von Giften und vor allem welche Muster an Expressionen diese hinterlassen“, erklärt der Forscher. In Zukunft soll dieses System nämlich als Vorabscreening für neue Wirkstoffe dienen. Damit ließe sich bereits frühzeitig das Gefährdungspotenzial verschiedener Substanzen einschätzen.

„Ein großer Vorteil der Fisch-Embryonen war, dass die Tests wesentlich leichter durchzuführen waren, als bei erwachsenen Tieren.“ Auch im Hinblick auf die EU-Chemikalienrichtlinie REACH könne das neue Verfahren eingesetzt werden. „Da sich die Zebrabärbling-Embryonen als gut handhabbares und ethisch vertretbares Wirbeltiermodell anbieten, um die zehntausenden von Risikoprüfungen zu bewältigen, kann das Modell einen wichtigen Beitrag zur schnellen Testung einer großen Anzahl von Substanzen leisten“, so der Forscher. Das Verfahren könne mittelfristig auch automatisiert werden.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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