Graphen auf Nickel: Elektronen verhalten sich wie Licht

In einer Graphen-Schicht auf Nickel wird jedes zweite Kohlenstoff-Atom stark an ein darunterliegendes Nickel-Atom gebunden, während das jeweils benachbarte C-Atom nicht auf einem Nickel-Atom sitzt. Diese Anordnung führt zu einer regelmäßigen Verzerrung der Bienenwaben-Struktur, die eine freie Graphenschicht zeigen würde.<br>Bild: STM, A. Varykhalov, HZB<br>

Sie konnten zeigen, dass sich die Leitungselektronen des Graphen eher wie Licht verhalten und weniger wie Teilchen. Dieses Verhalten hatten Physiker eigentlich nur für freischwebende Graphenschichten erwartet, die eine perfekte Bienenwabenstruktur aufweisen, nicht aber bei Graphen auf Nickel.

Obwohl Graphen nichts anderes ist als reiner Kohlenstoff, so besteht es streng genommen aus zwei Sorten von Kohlenstoffatomen. Die eine Sorte hat ihren nächst gelegenen Kohlenstoff-Nachbarn zur Rechten, die andere zur Linken. Nur wenn diese sogenannte „Händigkeit“ genau austariert ist, kann lichtartiges Verhalten der Leitungselektronen im Graphen auftreten. Tatsächlich kann man sich das Bienenwabengitter aus abwechselnd rechtshändigen und linkshändigen Kohlenstoffatomen zusammengesetzt denken.

Die Atome auf der Nickeloberfläche passen nun perfekt zum Graphen, allerdings nur für eine Hälfte der Kohlenstoffatome. Das Ergebnis ist wie die Reise nach Jerusalem mit der halben Anzahl Stühlen. Da die Hälfte der Kohlenstoffatome „zwischen den Stühlen“ sitzen, gerät die sogenannte Händigkeit im Graphen vollkommen aus dem Lot.

Mit Photoelektronenspektroskopie bei BESSY II konnten die Physiker in Graphen auf Nickel nun so genannte Dirac-Kegel aus masselosen Fermionen nachweisen, die das lichtartige Verhalten der Elektronen belegen. Im Anschluss an ihre Messungen konnten sie zwei theoretische Gruppen dafür gewinnen, mit neuen Erklärungsansätzen zu ihrer heutigen Veröffentlichung beizutragen.

„Diese Ergebnisse sind überraschend“, sagt Varykhalov. Der Grund liege in der Tatsache, dass die Nickel-Atome in zwei verschiedenen, sich kompensierenden Weisen mit den Kohlenstoff-Atomen des Graphen wechselwirken. Auf der einen Seite zerstören sie die perfekte hexagonale Symmetrie des Graphen-Gitters. Auf der anderen Seite aber stellen sie zusätzliche Elektronen für die Graphen-Schicht zur Verfügung – was den “Schaden” wieder ausgleicht, der durch die Gitterstörung entstanden war. „Wir haben damit einen fundamentalen Mechanismus aufgedeckt, der für mögliche Anwendungen interessant ist“, meint Varykhalov. Denn da Graphen in der Regel auf ein Trägersubstrat aufgebracht wird, könnten die „heilenden“ Extra-Elektronen auch durch eine elektrische Spannung eingespeist werden. Der Bericht der Physiker erschien gestern Abend in der Open-Access-Zeitschrift Physical Review X, der neuen Top-Zeitschrift von Physical Review.

Kontakt:
Dr. Andrei Varykhalov
Abteilung Magnetisierungsdynamik
andrei.varykhalov@helmholtz-berlin.de
Tel. (030) 8062-14888
Pressestelle
Dr. Antonia Rötger
Abteilung Kommunikation
Tel. (030) 8062-43733
antonia.roetger@helmholtz-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

FDmiX: Schnelle und robuste Serienproduktion von Nanopartikeln

Verkapselungstechnologie der nächsten Generation… Nukleinsäure-basierte Medikamente wie mRNA-Impfstoffe bieten ein enormes Potenzial für die Medizin und eröffnen neue Therapieansätze. Damit diese Wirkstoffe gezielt in die Körperzellen transportiert werden können, müssen…

Sensor misst Sauerstoffgehalt in der Atemluft

Eine zu geringe oder zu hohe Sauerstoffsättigung im Blut kann bleibende körperliche Schäden bewirken und sogar zum Tod führen. In der Intensiv- und Unfallmedizin wird die Sauerstoffkonzentration der Patientinnen und…

Neue MRT-Technik erkennt Schlaganfälle in kürzester Zeit

Tag gegen den Schlaganfall: Forschende der Universitätsmedizin Mainz haben im Rahmen einer Studie erstmals eine KI-gestützte Magnetresonanz-Tomographie (MRT)-Methode untersucht, um akute ischämische Schlaganfälle effizienter detektieren zu können. Dabei setzten sie…

Partner & Förderer