Mikrozensus soll Antwort geben / Wissenschaftler werten größte europäische Haushaltsbefragung aus

Sind Sie selbstständig tätig? Wieviel Zeit benötigen Sie für den Hinweg zu Ihrer Arbeitsstätte? Nutzen Sie für Ihre Tätigkeit einen Computer? Gut 800.000 Menschen, etwa ein Prozent der Bevölkerung, beantworten jedes Jahr die Fragen des Statistischen Bundesamtes nach ihren Lebens- und Arbeitsverhältnissen – damit ist der „Mikrozensus“ die größte regelmäßige Haushaltsbefragung in Europa. Ökonomen der Universität Bonn führen gemeinsam mit dem Statistischen Bundesamt eine Sonderauswertung zum Thema „Existenzgründungen im Kontext der Arbeits- und Lebensverhältnisse in Deutschland“ durch. Sie werten dazu die Angaben der Selbstständigen detailliert aus und wollen so herausfinden, unter welchen Rahmenbedingungen der Entschluss zur eigenen Firma fällt und wie sich die Unternehmen in den Jahren nach der Gründung entwickeln.

Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wagen gewissermaßen „nebenbei“ den Schritt in die Selbstständigkeit und verdienen sich mit dem eigenen Betrieb zunächst lediglich ein Zubrot – neueren Analysen zufolge machen derartige Kleinstunternehmen etwa die Hälfte aller Neugründungen aus. Mit diesen Gründungen im Zu- und Nebenerwerb, die bisher kaum untersucht worden sind, befasst sich eine Studie des Bonner Ökonomen Professor Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky, der neben anderen Datenquellen insbesondere den Mikrozensus seit Jahren zur Analyse des Unternehmenssektors nutzt. Das Statistische Bundesamt gewährt Forschern allerdings bislang nur eingeschränkten Zugriff auf die amtlichen Daten: So können die Wissenschaftler nur mit einer anonymisierten Unterstichprobe des Mikrozensus arbeiten; auf die Befragungsergebnisse ab 1999 müssen sie zur Zeit noch komplett verzichten.

Professor Piorkowsky und seine Mitarbeiterinnen sind nun vom Statistischen Bundesamt mit der wissenschaftlichen Begleitung einer Sonderauswertung beauftragt worden und haben damit als erste Forschungs-Gruppe deutschlandweit Zugriff auf die kompletten Datensätze. „Es ist für uns ein ausgesprochener Glücksfall, dass wir die vollständigen Stichproben nutzen und die aktuellen Daten einbeziehen können“, erklärt der Professor für Haushalts- und Konsumökonomik. Die Bonner Forscher wollen zunächst die Mikrozensus-Daten von 1991 bis 2001 auswerten; Professor Piorkowsky erhofft sich davon insbesondere Aussagen zur Entwicklung der Existenzgründungen im Haupt-, Neben- und Zuerwerb und über die Vernetzungen mit den jeweiligen Privathaushalten. Nach seiner Theorie bilden kleinbetriebliche Unternehmen mit den Haushalten der Selbstständigen eine außerordentlich komplexe wirtschaftliche Einheit.

Auftraggeber der Sonderauswertung ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; die Ergebnisse sollen Mitte des Jahres vorliegen. Weitere Erhebungen könnten sich dann anschließen: So planen die Bonner Forscher, ergänzend zum Mikrozensus einmalig bis zu 10.000 Selbstständige gezielt zu befragen. Außerdem wollen sie eine Stichprobe von etwa 1.000 Junggründern über einen Zeitraum von fünf Jahren regelmäßig „unter die Lupe nehmen“ und so die Frage beantworten, wie die Gründungsprozesse und die Entwicklung von Unternehmen im Haushalts- und Familienkontext funktionieren, mit welchen Schwierigkeiten Menschen, die sich selbstständig machen wollen, hierzulande zu kämpfen haben – und was dagegen getan werden kann.

Ansprechpartner:
Professor Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky
Professur für Haushalts- und Konsumökonomik an der Universität Bonn
Tel.: 0228/73-3124
E-Mail: piorkowsky@uni-bonn.de

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Dr. Andreas Archut idw

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