Überlebenskampf am Riff dokumentiert

Marine Organismen am Korallenriff führen einen wahren Kampf ums Überleben. Ein Forscherteam der LMU München konnte beispielsweise zuckerproduzierende Algen beobachten, die dadurch den Konkurrenzkampf mit Hilfe von Mikroorganismen gewinnen wollen. Der von den Algen hergestellte Zucker wird von den Mikroorganismen verwertet, die wiederum Sauerstoff benötigen. Die Korallen, die ebenfalls auf den Sauerstoff angewiesen sind, leiden darunter und können sogar ersticken.

Das Forscherteam um Christian Wild und seiner Arbeitsgruppe CORE (Coral Reef Ecology) vom GeoBio-Center und der Fakultät für Geowissenschaften der LMU hat bei mehrwöchigen Forschungsreisen ins Rote Meer viele wesentliche biogeochemische Erkenntnisse aus Korallenriffen geliefert. „Es gab große diesbezügliche Wissenslücken, weil bisher kaum Forschung in diese Richtung betrieben wurde“, so der Geobiologe im pressetext-Interview. „Dabei gehören die Korallenriffe des Roten Meeres zum weltweit häufigsten Rifftyp, dem Saumriff. Die Erkenntnisse, die wir gewonnen und jetzt in mehreren aktuellen Publikationen veröffentlicht haben, lassen sich daher auf viele andere Riffe übertragen.“

Unbekannter Stoffkreislauf nachgewiesen

„Im Roten Meer konnten wir einen unbekannten Stoffkreislauf nachweisen, der Mangelelemente wie Stickstoff, Phosphor und Eisen im sehr nährstoffarmen Ökoraum hält“, so Wild. „Wir konnten auch zeigen, dass die in Korallenriffen weit verbreitete Mangrovenqualle Cassiopea vergleichsweise große Mengen an Zucker und Schleimen abgibt, die einer Reihe von anderen Rifforganismen als Nahrung dienen und so einen bisher nicht beschriebenen Energiefluss vom Meeresboden in die Wassersäule über Korallenriffen bewirken.“

„Unsere Ergebnisse lassen sich auf viele andere Riffe übertragen“, so Wild. „Denn Saumriffe kommen nicht nur im Roten Meer, sondern auch im Indischen Ozean, in Südostasien und in der Karibik vor.“ Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscher sogenannte in-situ-Logger. Dabei handelt es sich um wasserdichte Sensoren, die mit einem Chip ausgestattet sind und in kurzen Zeitabständen bestimmte Parameter im Meerwasser messen. Zudem können sie diese Information auch speichern.

Ansatz auf Ökosystemebene

„Solche biogeochemische Studien, die sich vor allem auf der Ökosystemebene und nicht so sehr auf der Ebene des Organismus abspielen, sind selten, aber umso wichtiger, um das Funktionieren von Korallenriffen zu verstehen“, meint Wild. Ein Großteil der bisherigen Studie befasste sich in erster Linie mit Untersuchungen auf der Ebene nur einer Organismengruppe.

„Wir konnten beispielsweise zeigen, dass die Abgabe von organischem Material, vor allem Schleime, durch Korallen im Roten Meer dazu beiträgt, dass wichtige Nährelemente wie Stickstoff und Phosphor über kurzgeschlossene Stoffkreisläufe im sehr nährstoffarmen Ökosystem gehalten und sehr schnell recycelt werden“, so Wild. Insofern komme den Korallen tatsächlich eine besondere Rolle als sogenannte Ökosystem-Ingenieure zu, denn sie bauen die Riffstruktur auf und steuern einige ganz zentrale Prozesse.

„Menschliche Einflüsse wie der globale Klimawandel, aber auch lokale Stressfaktoren – wie Überfischung und Überdüngung – führen also letztendlich über eine Schädigung der Korallen zu einer Störung des gesamten Riffökosystems“, so der Forscher. Massentourismus und Landwirtschaft sorgen für erhöhten Nährstoffeintrag in viele küstennahe Korallenriffe. Das beeinträchtige nicht nur das Wachstum, sondern auch den Stoffwechsel der Riffalgen und führte zu einem Übergang von korallendominierten zu algendominierten Riffen, der inzwischen von vielen anderen Korallenriffen gemeldet wird.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.palmuc.de/core

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer