Fellpflege macht Schimpansen zum Leittier

Kleine Schimpansenmännchen, die das Fell ihrer Artgenossen besonders eifrig pflegen, haben trotz fehlender Körperkraft gute Chancen auf eine Leitposition im Stamm. Das haben Affenforscher der University of Minnesota bei Schimpansen eines Nationalparks in Tanzania entdeckt.

Zehn Jahre beobachteten sie, welches Verhalten die Schimpansen zu Alphatieren machte. Dabei wurden unterschiedliche Taktiken der Tiere sichtbar. Ein größeres Leittier setzte auf körperliche Attacken der Rivalen, doch auch ein kleineres, sanftmütiges Männchen kamen zum Zug. Es sicherte sich die Beliebtheit seiner Artgenossen, indem es ihnen das Fell besonders eifrig pflegte. Ein weiterer Affe mittlerer Größe mischte die beiden Taktiken und war ebenfalls erfolgreich.

„Auch die Suche nach Verbündeten führt bei Schimpansen zum Erfolg“, bestätigt Kevin Langergraber, Forscher am Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology, im pressetext-Interview. Der Anthropologe hat zwei Jahre lang in Uganda Schimpansen beobachtet. Ähnlich wie Menschen organisieren sich die Menschenaffen in flexiblen Gruppen.

„Schimpansen teilen sich ein Territorium, ohne jemals alle an einem Ort zu sein. Dennoch gibt es bevorzugte Partner, die sich gegenseitig das Fell pflegen, miteinander auf die Jagd gehen oder ihre Nahrung teilen“, so Langergraber. Dabei habe das Alphamännchen für seine Gruppe keine Verantwortung, die mit menschlichen Leitungspositionen vergleichbar wäre. „Ein Schimpanse will Alphamännchen werden, um bei den Weibchen Vorrang und somit mehr Erfolg beim Nachwuchs zu erhalten.“

Fellpflege hat bei den Schimpansen eine sehr wichtige soziale Bedeutung. Darunter könne man sich das vorstellen, was in der Menschenwelt beim Friseur geschieht, erklärt Langergraber. „Schimpansen kämmen mit ihren Fingern durch das Fell ihrer Artgenossen, suchen dabei nach Insekten und Schmutz und befreien es davon. Zugleich ist es eine Massage, die ein warmes, angenehmes Gefühl der Entspannung bewirkt.“ Hormonelle Untersuchungen haben bestätigt, dass dabei auch Stress abgebaut wird.

„Zugleich weiß man jedoch auch, dass die Fellpflege soziale Beziehungen aufrecht erhält. Wer bei den Schimpansen das Fell des anderen pflegt, erhofft etwa, dass dann beim Essen geteilt wird. Oder er sucht eben Koalitionspartner, um Alphatier zu werden.“ Bis zu einem Fünftel ihrer Wachzeit würden die Schimpansen laut Langergraber in diese Tätigkeit investieren.

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Johannes Pernsteiner pressetext.deutschland

Weitere Informationen:

http://www.umn.edu http://www.eva.mpg.de

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