Maximale chemische Vielfalt der Natur erstmals im Labor bestätigt

In der Natur kommen sie in enormer Vielfalt vor – Zehntausende verschiedener chemischer Zusammensetzungen aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff. Ihre maximal denkbare Anzahl lässt sich mathematisch errechnen.

„Ob diese rein rechnerische Zahl in der Natur allerdings überhaupt vorkommt „, so Dr. Norbert Hertkorn vom Institut für Ökologische Chemie am Helmholtz Zentrum München, „wusste bisher niemand, da die Analytik solchen Dimensionen nicht gewachsen war.“

Mit einem neuen ultrahochauflösenden Massenspektrometer ist es Helmholtz-Wissenschaftlern zusammen mit Kollegen vom Alfred-Wegener-Institut und dem Georgia Institute of Technology nun erstmalig gelungen, die bislang theoretische Maximalzahl an chemischen Zusammensetzungen in natürlicher organischer Materie (NOM) nachzuweisen. Als Untersuchungsmaterial hatten die Wissenschaftler eine NOM-Fraktion gewählt, die in Fachkreisen als Standard-Referenzverbindung verbreitet und anerkannt ist, die SuwFA, eine Fulvinsäure-Fraktion aus dem Suwannee River im amerikanischen Georgia.

„Unser FTICR-Massenspektrometer konnte in der Probe tatsächlich alle theoretisch denkbaren C-H-O-Kombinationen auflösen“, so Hertkorn. „Somit haben wir den Nachweis erbracht, dass die Natur in NOM tatsächlich alle mathematisch möglichen chemischen Zusammensetzungen auch realisiert hat“.

Über Verhalten und Bedeutung von NOM in der Umwelt wusste man bislang nur wenig – dabei kommt es in erheblichen Mengen in nahezu allen Bereichen der Umwelt vor – in Böden, Sediment, Süß- und Salzwasser ebenso wie in der Luft. Es entsteht aus der Zersetzung organischer Substanz und bildet damit das Bindeglied zwischen belebter und unbelebter Umwelt.

Das am Helmholtz Zentrum München neu angewandte hochauflösende Analyseverfahren ermöglicht nun erheblich verbesserte Einblicke in die Strukturchemie dieses ubiquitären natürlichen Materials. Die Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage, um die in der Vergangenheit schwer einzuschätzende Bedeutung von NOM für den globalen Kohlenstoffkreislauf und seine Rolle im Klimasystem neu einordnen zu können.

Originalpublikation

Hertkorn, N. et al: Natural Organic Matter and the Event Horizon of Mass Spectrometry. – Analytical Chemistry online (DOI: 10.1021/ac800464g) http://pubs.acs.org/cgi-bin/abstract.cgi/ancham/asap/abs/ac800464g.html

Pressekontakt

Heinz-Jörg Haury
Kommunikation – Helmholtz Zentrum München
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
Tel.: 089 3187 2460
Fax: 089 3187 3324
E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer