Systemische Risiken unterbinden

Dass die Hypothekenmarktkrise in den USA globale Auswirkungen in der Form der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise nach sich ziehen würde, das hätte anfangs wohl keiner für möglich gehalten, erinnert sich Prof. Dr. Christoph Ohler von der Universität Jena. „Heute wird argumentiert, dass der Zusammenbruch eines Landes wie Griechenland ähnliche Auswirkungen haben könnte“, sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht, Völkerrecht und Internationales Wirtschaftsrecht. Auch im Fall des hoch verschuldeten Balkan-Staates sei es schwierig, die Konsequenzen abzuschätzen.

Einen der beiden Schwerpunkte bei der Jahreskonferenz des Graduiertenkollegs „Konstitutionelle Grundlagen globalisierter Finanzmärkte – Stabilität und Wandel“ am 16. und 17. Juni im Alten Schloss Dornburg, dem Tagungszentrum der Universität Jena, wird daher das brisante Thema systemische Risiken auf Finanzmärkten bilden. Wie Ohler erläutert, handelt es sich um den Zusammenbruch von Unternehmen und Märkten, durch die andere am Finanzmarkt Beteiligte – oder gar ganze Volkswirtschaften – gleichfalls in ihrem Bestand bedroht sein können. Im Fall einer systemischen Krise, illustriert der Rechtswissenschaftler, komme das gesamte Finanzsystem zum Erliegen. Die Crux: Ohne die Finanzwirtschaft funktioniere die Realwirtschaft nicht. „Besondere Gefahr besteht, wenn Zahlungsverkehrssysteme und Kreditversorgung zusammenbrechen. Denn ohne Kreditversorgung unterbleiben Investitionen und Konsum in großem Umfang“, erläutert Prof. Ohler. Aufgabe der Experten sei es also, Risiken zu erkennen und zu unterbinden, die solche grundlegenden Funktionen beeinträchtigen.

Das durch die „Stiftung Geld und Währung“ aus Mitteln der Deutschen Bundesbank finanzierte, gemeinsame Graduiertenkolleg der Universitäten Jena und Halle-Wittenberg besteht zu gleichen Teilen aus Juristen und Ökonomen. Sein Forschungsgegenstand sind Fragen der Finanzmarktstabilität.

Bereits zum dritten Mal organisiert das interdisziplinäre Graduiertenkolleg eine international ausgerichtete Jahreskonferenz – in diesem Jahr mit Referenten aus den USA, der Schweiz und Deutschland. Das genaue Programm der Tagung ist zu finden unter: www.gfinm.de.

Neben der Diskussion systemischer Risiken bilden die Aufgaben der drei neuen unabhängigen europäischen Aufsichtsbehörden einen weiteren Themenschwerpunkt. Sie werden in den Bereichen Banken, Versicherungen und Wertpapierhandel wirksam. Wie Prof. Ohler erklärt, sollen diese die Arbeit der nationalen Behörden koordinieren: „Im Bedarfsfall können sie auch auf dem Binnenmarkt eingreifen“, sagt der Jenaer Jurist.

Wie das Kolleg selbst ist auch die Jahreskonferenz für Juristen und Ökonomen gleichermaßen ausgelegt. „Mir ist es sehr wichtig, Praktiker dabei zu haben“, erklärt Christoph Ohler. In diesem Jahr rekrutieren sich die Teilnehmer etwa aus der Bundesbank, der Europäischen Zentralbank, dem Bundesfinanzministerium – aber natürlich auch aus Bankwirtschaft und Wissenschaft. Referiert werden soll beispielsweise zur Komplexität systemischer Risiken, zu politischen Antworten auf solche Risiken sowie zu Fragen wie jener, wer denn eigentlich die Kontrolleure kontrolliert.

Der Jahrestagung in Dornburg vorausgehen wird am 15. und 16. Juni eine Konferenz für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Im Sitzungssaal der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Jena stellt eine Auswahl junger Juristen ihre wissenschaftlichen Arbeiten vor. Erwartet werden Teilnehmer aus Florenz, Augsburg, München und Frankfurt am Main. Unter den Jungwissenschaftlern, die ihre Arbeiten vorstellen, ist auch der Ökonom Mario Brandtner von der Uni Jena.

Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Ohler
Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 3
07743 Jena
Tel.: 03641 / 942260
E-Mail: christoph.ohler[at]recht.uni-jena.de

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Constanze Alt idw

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