Asteroiden aus der Bahn werfen

Ein Asteroid trifft mit voller Wucht auf die Erde. Um diese Katastrophe zu verhindern, wollen Forscher herannahende Himmelskörper mit Satelliten beschießen. © Donald Davis<br>

Die Erde vor etwa 65 Millionen Jahren: Tsunamis fegen über den Planeten, eine riesige Staubwolke verdunkelt den Himmel, saurer Regen geht auf Tiere und Pflanzen nieder. Für mehr als 50 Prozent aller Gattungen beginnt ein schleichender Niedergang. Auch die Dinosaurier werden diese apokalyptische Katastrophe nicht überleben.

Auslöser war mit hoher Wahrscheinlichkeit ein etwa zehn Kilometer großer Asteroid, der im heutigen Golf von Mexiko einschlug und einen mindestens 170 Kilometer großen Krater in die Erdoberfläche bohrte. Ein aus heutiger Sicht unvorstellbares Szenario? Astronomen haben bislang fast 10 000 Asteroiden identifiziert, die der Erde sehr nahe kommen können. Tendenz steigend. Erst im Februar verletzte ein Meteorit fast 1500 Menschen, als er über der russischen Millionenstadt Tscheljabinsk explodierte. Er hatte einen Durchmesser von etwa 20 Metern, mit einem Gewicht von 10 000 Tonnen.

Weitaus größer sind die Objekte mit denen sich Frank Schäfer vom Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI in Freiburg beschäftigt. Der Forscher hat die mittelgroßen Kaliber von 100 bis zu 300 Metern Länge im Visier. Prallen Asteroiden dieser Größe auf die Erde, können sie einzelne Städte oder ganze Regionen auslöschen. Die Wissenschaftler haben nun in ersten Modellversuchen im Labor gezeigt, dass es möglich ist, die Asteroiden durch den Aufprall einer schweren Masse mit hoher Geschwindigkeit – zum Beispiel einer großen Raumsonde – aus der Bahn zu werfen.

Das Prinzip beim Zusammenstoß ist ähnlich wie beim Billard: Trifft eine Kugel auf die andere, ändert diese ihre Bahn. »Die Raumsonde überträgt beim Aufprall auf den Asteroiden nicht nur ihren eigenen Impuls. Hinzu kommt der Rückstoß durch die – entgegen der Einschlagrichtung – ausgeschleuderte Kratermasse«, beschreibt Schäfer eines der wesentlichen Testergebnisse. »Dieser Rückstoßeffekt wirkt wie ein Turbolader auf die Ablenkung des Asteroiden.« Die Versuche haben gezeigt, dass der übertragene Impuls durch diesen Effekt bis zu viermal größer ist, als das mit der Raumsonde alleine der Fall wäre.

Geschwindigkeiten von bis zu 10 km/s

Um dies genauer zu untersuchen, hängen die Forscher unterschiedliche Materialien mit asteroidenähnlichen Eigenschaften aus dichtem Quarzit, porösem Sandstein oder luftigem Beton an ein Pendel und beschießen diese mit kleinen Aluminiumprojektilen. Dabei haben sie herausgefunden, dass der Impulstransfer geringer wird, je poröser das Asteroidengestein ist. Die Beschusstaktik ist also besonders effizient für dichte, schwere Himmelskörper.

Bis zu 10 km/s sind die Geschosse im Labor schnell und können damit die anvisierte Aufprallgeschwindigkeit erreichen, die sich die Forscher für eine zukünftige Mission wünschen. Um den Impulsübertrag und damit die Effizienz des Aufpralls nachzuweisen, messen die Forscher mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitskameras und Laserinterferometern den Ausschlag des Pendels. »In einem realen Fall würde der Einschlag einer Raumsonde die Geschwindigkeit des Asteroiden nur um wenige Zentimeter pro Sekunde ändern. Das reicht jedoch aus, dessen Bahn langsam aber im Lauf der Zeit signifikant abzulenken. Asteroiden auf Kollisionskurs mit der Erde muss man daher schon Jahre vorher beschießen, um einen möglichen Zusammenstoß abzuwenden«, erklärt Schäfer.

Der Pendeltest ist Teil des von der EU geförderten Weltraumprojekts NEOShield, das Alan Harris vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) koordiniert. Hier arbeiten Spezialisten aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, USA und Russland an Wegen, die Erde vor »Near Earth Objects«, erdbahn-kreuzenden Asteroiden, zu schützen.

Eines der Ziele ist es, bis Mitte 2015 eine Weltraummission zu planen, bei der tatsächlich ein Asteroid abgelenkt werden kann. Versuchsobjekte gehen den Spezialisten nicht aus: Alleine im September stehen uns laut der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA über 20 weitere »close approaches« bevor. »2008 HB38« kommt uns dabei am 15. des Monats mit knapp fünf Millionen Kilometern am nächsten.

Media Contact

Dr. Frank Schäfer Fraunhofer Forschung Kompakt

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