CO2-Emissionshandel: Kein abrupter Wechsel zu Versteigerungen

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des RWI Essen. Demnach würde ein solch plötzlicher Wechsel die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer energieintensiver Sektoren schwächen, wobei die ökonomischen Auswirkungen für die EU-Länder höchst unterschiedlich ausfallen würden.

Die EU-Kommission sollte darauf verzichten, ab dem Jahr 2013 alle Zertifikate für den europaweiten C02-Emissionshandel zu versteigern. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des RWI Essen. Mit Einführung des Emissionshandels im Jahr 2005 waren die Zertifikate gratis zugeteilt.

In der Folge hatte sich der Strompreis verteuert. Die RWI-Untersuchung zeigt jedoch, dass dies nicht, wie vielfach unterstellt, auf mangelnden Wettbewerb auf dem Strommarkt zurückzuführen war. Vielmehr ist die Verteuerung des Stroms durch die Einpreisung des Werts der CO2-Zertifikate aus ökonomischer Sicht sogar ein erwünschtes Ergebnis des Emissionshandels, da die Verbraucher durch die höheren Preise zur Reduzierung ihrer Stromnachfrage bewegt werden sollen.

Bei einer Gratiszuteilung der Zertifikate können Stromerzeuger zwar erhebliche zusätzliche Gewinne erzielen, so genannte „windfall profits“. Dabei kann es durchaus gerechtfertigt sein, dass Regierungen einen Teil dieser Zusatzgewinne durch die Versteigerung der Zertifikate abschöpfen, wie es die Europäische Kommission vorsieht. Gleichwohl könnte beim abrupten Übergang zu einer Vollveräußerung der Zertifikate die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen energieintensiven Industriesektoren – wie der Zementindustrie oder der Aluminiumhersteller – sinken, solange alle anderen großen Industriestaaten und Transformationsländer ihre Einbindung in ein weltweites Emissionshandelssystem verweigern.

Europa würde noch abhängiger von russischen Gasimporten

Im Stromerzeugungssektor würde durch eine vollständige Versteigerung langfristig die Nachfrage der EU nach Erdgas wohl stark ansteigen. Die höhere Erdgasnachfrage würde nach aller Voraussicht zu höheren Erdgas- und somit steigenden Strompreisen führen sowie zu einer wachsenden Abhängigkeit von Gasimporten, vor allem aus Russland. Dies würde den Bemühungen der EU, ihre Energieversorgungssicherheit zu verbessern, zuwiderlaufen. Zudem könnte eine Vollversteigerung für Länder wie Polen, dessen Stromproduktion fast ausschließlich auf Kohle basiert, erhebliche Konsequenzen haben.

Auch dürften die ökonomischen Auswirkungen auf die EU-Länder stark unterschiedlich ausfallen. So dürften sich die Strompreise in Frankreich dank des hohen Anteils an Kernenergie kaum weiter erhöhen, während eine Vollversteigerung für Länder wie Polen, deren Stromproduktion fast ausschließlich auf Kohle basiert, erhebliche Folgen für die Strompreise haben würde.

Es sollte schließlich auch bedacht werden, dass die ambitionierten Klimaschutzziele der EU für 2020 eine substantielle Senkung der Treibhausgasemissionen nach 2012 erfordert. Höhere Zertifikate- und somit höhere Strompreise dürften die Folge sein.

Vor diesem Hintergrund ist es insgesamt zweifelhaft, ob der Plan der Europäischen Kommission sinnvoll ist, nach 2012 abrupt auf die Vollversteigerung von Emissionszertifikaten umzustellen.

Ihre Ansprechpartner dazu:
Dr. Manuel Frondel Tel. (0201) 81 49-264
Sabine Weiler (Pressestelle) Tel.: (0201) 81 49-213
Dieser Pressemitteilung liegt das Ruhr Economic Paper #81 („Emissions Trading: Impact on Electricity Prices and Energy-Intensive Industries“) zugrunde. Es ist unter www.rwi-essen.de/rep/rep081 als pdf-Datei erhältlich.

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Joachim Schmidt idw

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