"Zinsbereinigte Gewinnsteuer" als Unternehmensteuer der Zukunft

Mit der „Zinsbereinigten Gewinnsteuer“ präsentieren der Heidelberger Steuerkreis und das RWI Essen ein alternatives Modell zur Unternehmensbesteuerung. Grundidee ist es, Unternehmensgewinne über die Zeit nur einmalig zu belasten, um die derzeit bestehende Mehrfachbelastung – Kernproblem des deutschen Steuersystems – zu beseitigen. Das Konzept ließe sich schrittweise umsetzen, so dass abrupte Veränderungen im Steuerrecht und im Steueraufkommen vermieden werden könnten. Dabei könnte das Reformtempo je nach Steueraufkommen angepasst werden.


In jüngster Zeit sind insbesondere zwei Konzepte in die öffentliche Diskussion getreten, das einer „Allgemeinen Unternehmensteuer“ der Stiftung Marktwirtschaft und das der „Dualen Einkommensteuer“ des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Der „Heidelberger Steuerkreis“ der Alfred Weber-Gesellschaft und das RWI Essen präsentieren mit der „Zinsbereinigten Gewinnsteuer“ eine Alternative zu diesen Vorschlägen, die relativ kurzfristig und ohne allzu großen administrativen Aufwand umgesetzt werden könnte. Diese soll der Einstieg zu einer umfassenden Steuerreform sein.

Heidelberger Steuerkreis und RWI Essen teilen die weitgehend anerkannten grundlegenden Ziele, die eine Reform der Unternehmensbesteuerung verwirklichen sollte: Die Steuer sollte einfach zu erheben, fair in der Verteilung von Lasten, neutral hinsichtlich der Rechtsform eines Unternehmens und hinsichtlich der Investitions- und Finanzierungsentscheidung sein sowie dazu beitragen, dass Deutschland mehr binnenwirtschaftliche Dynamik entwickelt und als Investitionsstandort international wettbewerbsfähiger wird.

Gewinne und Einkommen werden steuerlich nur einmal belastet

Die zugrunde liegenden Vorstellungen von „Fairness“ und „Effizienz“ der Besteuerung unterscheiden sich dabei deutlich von den anderen Konzepten: Leitbild der jährlichen Besteuerung des Einkommens ist es, die Leistungsfähigkeit von Bürgern über deren gesamte Lebenszeit zu erfassen. Im derzeitigen System wird Leistungsfähigkeit auch durch die zeitliche Verwendung von Einkommen und Gewinn bestimmt. Investitionen und Sparen werden auf diese Weise diskriminiert. Daran wollen die Stiftung Marktwirtschaft und der Sachverständigenrat im Prinzip nichts ändern. Im Konzept der Zinsbereinigten Gewinnsteuer, das sich an der Einfachsteuer des Heidelberger Steuerkreises orientiert, ist die Bemessungsgrundlage der Gewinn- und Einkommensbesteuerung aber so definiert, dass eine steuerliche Mehrfachbelastung – Kernproblem des deutschen Steuersystems – vermieden wird.

Hierzu ist keine Revolution des Steuerrechts nötig. Vielmehr wird die im gegenwärtigen Steuerrecht bereits teilweise verwirklichte Besteuerung des Lebenseinkommens konsequent weitergeführt. Technisch wird dies dadurch umgesetzt, dass Unternehmensgewinne „zinsbereinigt“ besteuert werden: Bei der Definition der Bemessungsgrundlage der Gewinnsteuer wird eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals abgezogen. Langfristig soll im übrigen auch bei der Einkommensteuer eine marktübliche Verzinsung bei Erträgen aus einem verzinslich angelegten Sparkapital abzugsfähig sein. Alle darüber liegenden Renditen werden voll besteuert. Neben den gesetzlichen sollen die freiwillig angesparten Renten verstärkt nachgelagert besteuert werden. Die hier angewandte Methode der Sparbereinigung garantiert – wie die Zinsbereinigung – die Einmalbelastung von Markteinkünften in lebenszeitlicher Sicht. Die Besteuerung persönlicher Einkommen und der Unternehmensgewinne wird damit zu einem vollständig aufeinander abgestimmten System, was auch unter dem Gesichtspunkt der Kosten der Steuerhebung nur zu begrüßen wäre.

Einführung von „Durchreichgesellschaften“

Der Weg vom theoretischen Konzept zur praktischen Umsetzung ist entscheidend für jede Reform. Eine wesentliche Herausforderung ist im vorliegenden Fall die gleichmäßige Belastung der Unternehmensgewinne. Letztendlich wird die Steuerlast immer von natürlichen Personen getragen, entweder direkt oder als Anteilseigner der besteuerten Unternehmen. Eine Besteuerung von Unternehmen, die diese grundsätzliche Erkenntnis nicht berücksichtigt, verzerrt die Wahl der Rechts- und Finanzierungsform von Unternehmen. Die Einfachsteuer löst dieses Problem weitgehend durch die neuartige Konstruktion so genannter „Durchreichgesellschaften“, mit denen nicht nur wie bisher die Gewinne der Personengesellschaften, sondern auch die Gewinne kleiner Kapitalgesellschaften direkt den Gesellschaftern zugerechnet werden.

Deutschland würde ein attraktiverer Standort für Investitionen

Die Reform der Unternehmensteuer muss bei gleichzeitiger Konsolidierung öffentlicher Haushalte erfolgen. Allerdings kann sie nur dann einen Wachstumsschub induzieren, wenn Unternehmen netto entlastet werden. Eine entsprechende „Gegenfinanzierung“ sollte durch weitere Reduzierungen der Staatsausgaben möglich sein. Noch nicht umgesetzte Maßnahmen der „Koch-Steinbrück-Liste“ zum Abbau von Subventionen in Deutschland können hierfür die Grundlage sein.

Mit der hier vorgeschlagenen marktorientierten Form der Unternehmensbesteuerung dürfte Deutschlands Attraktivität als Investitionsstandort steigen. Zunächst hätte Deutschland dann gemeinsam mit Belgien, das ab 2007 eine zinsbereinigte Körperschaftsteuer einführt, die niedrigste Steuerbelastung in Europa.

Ihre Ansprechpartner dazu:

Prof. Dr. Manfred Rose, Heidelberger Steuerkreis Tel.: (06221) 54 50 91
Prof. Dr. Hans-Georg Petersen, Heidelberger Steuerkreis Tel.: (0331) 977 33 94
Dr. Rainer Kambeck, RWI Essen Tel.: (0201) 81 49-235
Sabine Weiler (Pressestelle RWI Essen) Tel.: (0201) 81 49-213

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Joachim Schmidt idw

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