Wirtschaft findet Geiz gar nicht geil

„Neues Konsumverhalten wird Gesellschaftssystem verändern“

„Der Werbeslogan ’Geiz ist geil’ hat sich verselbstständigt und ist zu einer Maxime des kollektiven Bewusstseins avanciert. Dieses Denken wird den Kapitalismus aushebeln und zu einem neuen Gesellschaftssystem führen.“ Mit dieser These eröffnete Helene Karmasin, Geschäftsführerin der Karmasin Motivforschung, gestern, Montagabend, die Podiumsdiskussion des Österreichischen Gewerbevereins (ÖGV) mit dem Motto „Ist geiz wirklich geil?“. Fritz Aichinger, Spartenobmann Handel der Wirtschaftskammer Wien, sieht ebenfalls eine Gefahr in der neuen Einstellung der Konsumenten. „Dieses Handeln wird auf Dauer zu einer Rezession führen“, sagte er. „Angebote wie die Geizhals-Website bieten diesem Verhalten nicht nur eine Lobby, sie verstärken es zusätzlich.“

Vera Pesata (Bild), Bereichsleiterin Marketing und Sales des Online-Portals Geizhals.at, verteidigte das Konzept ihres Webauftritts. „Bei uns geht es nicht um das Motto ’Geiz ist geil’, sondern vielmehr um einen überlegten Umgang mit vorhandenem Budget“, sagte sie. Auf der Geizhals-Website können sich Konsumenten vor dem Kauf einer Ware Informationen über diese einholen, indem sie zum Beispiel die Preise und den Service der jeweiligen Anbieter vergleichen. „Geizhals ist mittlerweile die zweitgrößte Website in Österreich und der Erfolg ist auf die Emanzipation der Konsumenten zurückzuführen,“ so Pesata. Rudolf Vetschera, Professor am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Wien, klagt über die Arroganz der Unternehmen: „Alle fordern Massenkaufkraft ein – aber niemand ist bereit, seinen Mitarbeitern auch dementsprechende Löhne zu zahlen.“

Gesellschaftskritische Stimmen gab es aus dem Publikum. So klagte eine Kleinunternehmerin darüber, dass die Menschen gerne die Vorteile des österreichischen Sozialsystems in Anspruch nehmen, aber nicht bereit sind, auch etwas dafür zu tun. „Wir können nicht in Osteuropa billig konsumieren und dann hier in Österreich die hohen Pensionen kassieren“, sagte sie. Ein anderer Kleinunternehmer warf der Wirtschaft vor, der Gesellschaft ein schlechtes Beispiel abzugeben. „Wir sehen ständig, wie Arbeitsplätze abgebaut oder nach China verlegt werden, weil sie angeblich zu viel kosten“, sagte er. „Wenn wir uns also die Wirtschaft als Vorbild nehmen, müssen wir einfach nach der Maxime ’Geiz ist geil’ handeln.“

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Silke Welteroth pressetext.austria

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