Rentenmarkt: Vor einer Eintrübung am Zinshorizont?

Während die internationalen Aktienmärkte in den vergangenen drei Wochen teilweise wilde Fahrten auf der Kursachterbahn vollführten, präsentierten sich die Festverzinslichen beidseits des Atlantiks überwiegend stabil. Die Rendite der als Euro-Benchmark fungierenden 10jährigen Bundesanleihe bewegte sich dabei in der Bandbreite von 4,88 und 5,0 Prozent, die Verzinsung der entsprechenden US-Treasury zwischen rd. 4,70 und 4,85 Prozent; angesichts der Vertrauenskrise an den Aktienbörsen konnten die Renditen der US-Staatstitel dabei im laufenden Jahr neue Tiefstände markieren.

Insgesamt profitierten die Anleihen der als erstklassig eingestuften Staaten (im Gegensatz zu einer Vielzahl von Corporate Bonds und Emerging Market-Titeln) weiterhin von der Flucht in den „sicheren Hafen“ angesichts zunehmender Bilanzmanipulationen sowie von widersprüchlichen Daten über die Konjunktur- und Unternehmensentwicklung. Wenn auch der Attentismus auf der Aktienseite deshalb zumindest bis zur Vorlage besserer US-Quartalsergebnisse in der zweiten Julihälfte gerechtfertigt scheint, spricht trotz gemischter Wirtschaftsindikatoren aus den Vereinigten Staaten und moderater Töne aus Europa vieles immer noch für das Szenario eines atlantikübergreifenden Aufschwungs. In dieses Bild passen u.a. die jüngsten Zahlen des amerikanischen Verbrauchervertrauens, der Wohnbaubeginne oder der Industrieaufträge. Auch Veröffentlichungen wie u.a. der US-Einkaufsmanager-Index (ISM) vom Juni (56,2 nach 55,7 Punkten) oder die Frühindikatoren vom Mai (plus 0,4 nach minus 0,3 Prozent) bestätigten einen gewissen Konjunkturoptimismus.

In Euroland sind die Aufschwungstendenzen nach wie vor verhalten. Dies signalisierte nicht zuletzt auch der Ifo-Geschäftsklimaindex vom Juni (91,3 nach 91,6 Punkten), wobei insbesondere die Zuversicht für die kommenden sechs Monate einen leichten Dämpfer erhalten hat. Positiver stellt sich dagegen die Lage an der Preisfront dar. Zwar hat sich das Geldmengenwachstum im Mai mit einer Jahresrate von 7,8 (April: 7,4) Prozent beschleunigt fortgesetzt, die Inflationsrate der Euro-Zone ist aber im Juni nach vorläufigen Berechnungen mit 1,7 (Mai: 2,0) Prozent auf den tiefsten Stand seit Dezember 1999 gesunken. Dabei müssen allerdings statistische Basiseffekte (die Vergleichspreise des vergangenen Jahres waren aufgrund höherer Lebensmittel- und Energiekosten stark gestiegen) berücksichtigt werden. Die EZB wird nach ihrem Null-Entscheid vom 4. Juli das Szenario weiter beobachten und bei einer Verschlechterung des stabilitätspolitischen Umfeldes (etwa durch die teilweise überzogenen Lohnerhöhungen) nicht vor einem Zinsschritt im Herbst (um 25 Basispunkte) zurückschrecken. Momentan wird den Währungshütern ihre Entscheidung aber durch Dollarabwertung und Konjunkturschwäche erleichtert.

Per saldo sollten Rentenanleger im späteren Jahresverlauf mit einer leichten Eintrübung des Zinshorizontes rechnen. Mit Ausnahme des Schreckensbildes „double dip“ dürfte sich für Fed wie EZB kaum ein Grund ergeben, an der gegenwärtigen lockeren Geldpolitik festzuhalten. Als zusätzliche Belastung könnte eine stärkere Inanspruchnahme der Bondmärkte durch die beidseits des Atlantiks zunehmende Staatsverschuldung hinzukommen. Vorsichtige Neuengagements empfehlen sich deshalb momentan vor allem im kürzeren Laufzeitenbereich.

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