Was einen Wikinger-König und Busfahren verbindet

Die beiden Versuchsbusse im Labor

Ein zehnköpfiges Studententeam der Fachhochschule Bochum unter der Leitung von Prof. Jörg Wollert hat ein Projekt abgeschlossen, das zeigt, wie erfolgreich Wirtschaft und Hochschule zusammenarbeiten. Ein führendes Verkehrsunternehmen im Ruhrgebiet war als Initiator aufgetreten, und was als Semesterarbeit im Rahmen einer Vorlesung geplant war, könnte nun weite Kreise ziehen. Das Zauberwort heißt „Telematik“.
Elektronische Hausdiener schließen Fenster, lassen Badewasser einlaufen. Autoknackern wird das Leben schwer gemacht, weil plötzlich permanent die Hupe ertönt, die Warnblinkanlage blinkt, alle Türen verriegelt sind, der Wagen nicht mehr fährt. Bestohlene können mit ihrem Handy oder „personal digital assistent“ (PDA), einem komplexeren Terminplaner, bestimmte Funktionen im Auto fernsteuern. Eine Ortung ist jederzeit möglich.
Sie wähnen sich in einem Science fiction-Film oder glauben, reine Zukunftsmusik zu hören? Klares „Nein“.
Schon heute sind „intelligente Häuser“ Wirklichkeit. Sie ersparen ihren Bewohnern viele lästige, zeitraubende „Alltäglichkeiten“. Telematik-Systeme sorgen unter anderem hier- und dafür, dass Autoknackern das Autoklauen nachhaltig vergeht.
Auch der ÖPNV will sich dem Fortschritt nicht entziehen, um Betriebsablauf, Fahrpläne und damit seinen Kundenservice zu verbessern.
Im Labor mussten die Studenten eine maßstabs- und wirklichkeitsnahe Simulationsumgebung nachbauen. In ihrem Mittelpunkt standen zwei Versuchsträger, in Form von Bussen. Eigentlich sehen sie aus wie Modellfahrzeuge, aber vollgepackt mit Hightech. Entwickelt wurde ein geschlossenes Kommunikationskonzept, das, in die Welt gebracht, so aussähe: Daten werden zwischen den Fahrzeugen und „hot spots“, lokalen Kommunikationspunkten, ausgetauscht. Das können Bahn- oder Betriebshöfe oder ganz einfach Bushaltestellen sein. „Technisch liegt der Focus auf „wireless local aerea network“ (WLAN), in Verbindung mit Bluetooth und internetbasierender Software“, erklärt Diplom-Ingenieur Andreas Vedral.
Der Wikinger-König Harald Blaatand (ist dänisch und heißt wörtlich übersetzt Blauzahn bzw. englisch Bluetooth), der im zehnten Jahrhundert Dänemark und Norwegen einte, ist historisches Vorbild und Namensgeber für das schnurlose Funkverfahren. Bluetooth ermöglicht es, Geräte kabellos miteinander zu verbinden und so Sprache, Daten und Bilder über kurze Entfernungen zu übertragen. Dank Bluetooth können elektronische Geräte miteinander kommunizieren – zum Beispiel Handy mit Ohrhörer oder Kühlschrank mit Kaffeemaschine.
„Das hört sich – bezogen aufs Busfahren – sehr kompliziert an, ist für den Nutzer aber relativ einfach“, beruhigt Vedral. Die angewendete Software habe für alle Internetnutzer einen sehr großen Wiedererkennungswert, jeder könne per Laptop oder Handy auf den Webserver des Busses zugreifen: „online“ Fahrtickets ordern und bezahlen – oder nur Fahrinformationen, zum Beispiel Anschlussverbindungen, abrufen.
Den Verkehrsbetrieben wiederum wäre es möglich, an den „hot spots“ Betriebsdaten abzugleichen: Kundenfrequenz , Fahrzeit von a nach b etc..“ Dann hört es auf, dass Fahrer vor dem Fahrplan herfahren“, schmunzelt ein Student.
Weiterer Vorteil: Daten, die bislang nach Schichtende „zu Fuß“ ermittelt werden mussten, könnten im Betriebshof busbezogen – ohne unmittelbaren physischen Einsatz – abgefragt werden, wie Fahrgastzählung und Fahrkartenentwertung. Zugleich lägen mögliche Schwachstellen im Fahrbetrieb offen. Ob sich hieraus der „gläserne Busfahrer“ entwickelt, der durch die Fahrleitstelle minutiös beobachtet wird – „big brother is watching“? Wer weiß.
Und alle, die keine mobilen Kommunikationsgeräte besitzen, könnten – wie bisher – ihre Fahrkarten kaufen, also keine „Zweiklassengesellschaft“ beim ÖPNV.
Wann das Projekt Wirklichkeit wird, ist noch offen.

Autor: Frank Klischies

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Barbara Bienert idw

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