Verkehrssicherheit nicht dem Zufall überlassen

Das gefährlichste und – gemessen an Menschenleben – teuerste System der Europäischen Union ist der Straßenverkehr. Da die technischen Möglichkeiten der Fahrzeugsicherheit bei Unfällen weitestgehend ausgeschöpft sind, bilden Unfallpräventionsmaßnahmen die wichtigsten Instrumente zur Steigerung der Verkehrssicherheit.

Vom 18.-19. Oktober 2007 findet im Hygienemuseum Dresden das 3. Gemeinsame Symposium der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie e.V. (DGVP) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin e.V. (DGVM, AWMF-Mitglied) statt. Unter der Leitung der Tagungspräsidenten Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schubert und Prof. Dr. med. Rainer Mattern gibt das Symposium rund 450 Teilnehmern die Gelegenheit, sich hinsichtlich effektiver Präventionsmaßnahmen zu beraten und neueste Erkenntnisse zu Begutachtungsverfahren auszutauschen. „Die Verkehrspsychologie befasst sich mit der psychologischen Grundlagenforschung im Bereich des Verkehrsverhaltens und mit der Verwertung der Ergebnisse aus dieser Forschung für die Beantwortung praktischer Fragestellungen“, so der Verkehrspsychologe Wolfgang Schubert.

Zum Thema Verkehrssicherheit werden vielseitige Ansätze aus Medizin, Psychologie, Rechtswissenschaft und Ingenieurwesen aufgezeigt. Dementsprechend interdisziplinär und international sind die Referenten, die unter dem Leitthema „Prüfmethoden der Fahreignungsbegutachtung in der Psychologie, Medizin und im Ingenieurwesen“ ihr gebündeltes Wissen vorstellen. Der Kongress gliedert sich in sechs Sitzungsblöcke zu den Themen:

1. Grenzwertsetzungen in der Gesellschaft, der Medizin und Psychologie
2. Psychologische Verfahren
3. Medizinische Verfahren: Laboranalytik
4. Ältere Kraftfahrzeugführer
5. Interlock
6. Sehvermögen
Zusätzlich werden Workshops zu Fragestellungen der Verkehrspsychologie und Verkehrsmedizin angeboten.

Ein wesentlicher Diskussionspunkt des Symposiums ist die Festlegung und Kontrolle von Grenzwerten. In diesem Zusammenhang werden einleitend Erkenntnisse aus den EU-Projekten DRUID (Driving under the influence of alcohol, drugs and medicines) und SUPREME (SUmmary and publication of best Practices in Road safety in the Eu Member States) vorgestellt. Ziel dieser Projekte ist es, wissenschaftliche Grundlagen für verkehrspolitische Richtlinien zu schaffen. Im Rahmen des DRUID-Projektes werden u.a. Studien zum Einfluss psychoaktiver Substanzen auf die Fahrtüchtigkeit durchgeführt, aus denen Empfehlungen für Gefährdungsgrenzwerte abzuleiten sind. Anders als bei Alkohol gibt es bislang bei illegalen Drogen keine gesetzlich oder durch Rechtsprechung festgelegten Serum-Konzentrationen, ab denen von einer relativen oder absoluten Fahruntüchtigkeit ausgegangen werden kann. Die Beziehung zwischen dem Einfluss von Drogen auf die Fahrtüchtigkeit in Abhängigkeit von der im Körper nachgewiesenen Wirkstoffmenge und den unterschiedlichen Stoffwechselwegen wirft deshalb noch viele Fragen auf. In Deutschland gibt es für Drogen derzeit keine Grenzwerte, die mit dem etablierten „Promillewert“ für Alkoholsünder vergleichbar wären. Das liegt nach Auffassung des Heidelberger Rechtsmediziners Rainer Mattern vor allem daran, dass Drogen je nach Gewöhnungsgrad des Konsumenten unterschiedlich stark wirken und Serumkonzentrationen grundsätzlich nur schwach mit der Rezeptorbesetzung von Hirnzellen mit Wirkstoffmolekülen korrelieren.

Auch die Effektivität von Unfallverhütungsstrategien, Sanktionierungen und Rehabilitationsmaßnahmen unter Berücksichtigung des individuellen Anspruchs auf Mobilität werden auf dem Dresdner Symposium diskutiert werden. Dabei stellt die Fahrtüchtigkeit älterer Kraftfahrer ein äußerst sensibles Thema dar, bedeutet doch die Mobilität im Alter die Bewahrung der Selbstständigkeit und somit ein beträchtliches Stück Lebensqualität. Eine Studie der Universität Köln will nun die wissenschaftlichen Grundlagen für einen lokal begrenzten Führerschein liefern. Zugrunde liegt dabei die Annahme, dass eine gute Ortskenntnis und langjährige Fahrerfahrung zunehmende Leistungsdefizite kompensieren können. Leiter der Studie ist Prof. Dr. Egon Stephan, der auf dem Dresdner Symposium zum Thema Fahrerassistenzsysteme sprechen wird.

Da die meisten Unfälle durch menschliches Versagen verursacht werden, sind Assistenzsysteme ein probates Mittel zur Senkung der Unfallzahlen. Die Ideen und Möglichkeiten für Assistenzsysteme sind dabei fast grenzenlos: Von „sehenden“ Fahrzeugen, die mithilfe von Radars, Videokameras und Infrarot zu aufmerksamen (Mit)Fahrern werden bis zu Müdigkeits-Warnsystemen scheint alles möglich zu sein. Um kritischen Situationen komplett vorzubeugen, bietet das Alcolock-Interlock-System als atemalkoholgesteuerte Wegfahrsperre die Integration eines Sanktions- und Kontrollinstruments im Fahrzeug. Gerade im Hinblick auf die verkehrspsychologische Rehabilitation von „Alkoholsündern“ hält dieses System interessante Lösungsansätze bereit. Die Ergebnisse internationaler Studien beim Einsatz von Interlock-Systemen werden auf diesem Dresdner-Symposium vorgestellt.

Vom 3. Gemeinsamen Symposium der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie e.V. (DGVP) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin e.V. (DGVM) sind neue Impulse für die Steigerung der Verkehrssicherheit und ein Blick auf Verkehrskonzepte im internationale Vergleich zu erwarten. Das Themenspektrum des Kongresses ist damit so weitreichend wie die möglichen Präventionsmaßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit.

Für Interviewanfragen wenden Sie sich an:

Prof. Prof. h. c. Dr. rer. nat. Wolfgang Schubert
Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie e.V.
Ferdinand-Schultze-Straße 65
13055 Berlin
Tel.:+49 (0) 30 98 60 98 81
w.schubert@dgvp-verkehrspsychologie.de
und:
Prof. Dr. med. Rainer Mattern
Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin e. V.
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsklinikum
Institut für Rechts- und Verkehrsmedizin
Voßstraße 2, 69115 Heidelberg
Tel.: +49 (0) 6221 56 89 11
rainer_mattern@med.uni-heidelberg.de

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Wolfgang Müller idw

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