Artenvielfalt hängt nicht von der Produktivität ab

Wie kommt es dazu, dass das eine Ökosystem viel mehr Tier- und Pflanzenarten beherbergt als ein anderes? Zählt eine Graslandschaft nicht zwangsläufig mehr Arten als eine Trockensteppe oder eine alpine Tundra? Die Prozesse, welche die Biodiversität steuern, sind auch heute noch weitgehend unbekannt. Gemäss gängiger Lehrmeinung hängt die Biodiversität mit der Primärproduktivität des Ökosystems zusammen. Das heisst, je mehr Biomasse von Pflanzen, Algen oder Bakterien produziert wird, umso grösser sei die Vielfalt an Pflanzen und Tieren.

Das bald vierzigjährige Modell besagt, dass mit steigender Produktivität die Biodiversität anfänglich zunimmt und ab einem gewissen Punkt wieder absinkt. Dieses Modell wurde in den vergangenen Jahren immer wieder erfolglos in Frage gestellt. Ökologen des internationalen «Nutrient Network», darunter die Umweltwissenschaftler Andrew Hector und Yann Hautier von der Universität Zürich, widerlegen nun dieses Modell im Wissenschaftsmagazin «Science». Sie können erstmals nachweisen, dass es keinen klaren Zusammenhang zwischen Produktivität und Biodiversität gibt. Dieses Resultat unterstützt die kürzlich ebenfalls von UZH-Ökologen in «Nature» publizierte Erkenntnis, dass jede Pflanzenart für das Funktionieren eines Ökosystems zählt.

Für ihre Arbeit wählten die Forscher einen neuen Ansatz. Sie analysierten und standardisierten die Resultate von 48 Versuchswiesen, die auf fünf Kontinenten verteilt sind. Ihre Erkenntnisse legen nahe, dass unterschiedliche Artenvielfalten in Ökosystemen nicht mit deren Produktivität zu erklären sind. Andere Aspekte wie evolutionsgeschichtliche Faktoren und die Häufigkeit und Intensität von Störungen sind ebenfalls für die Artenvielfalt innerhalb eines Ökosystems verantwortlich. Um zukünftig die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität noch besser prognostizieren zu können, müssen Ökologen, laut Umweltwissenschaftler Hector, vermehrt in weltweiten Netzwerken arbeiten und ihre Untersuchungsmethoden weiterentwickeln.

Literatur:
Peter Adler et al., Productivity is a poor predictor of plant species richness, Science, 23. September 2011, DOI: 10.1126/science.1204498

Kontakte:
Dr. Yann Hautier
Universität Zürich
Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften
Tel. +41 44 635 61 04
E-Mail: yann.hautier@ieu.uzh.ch

Media Contact

Beat Müller idw

Weitere Informationen:

http://www.uzh.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Ökologie Umwelt- Naturschutz

Dieser Themenkomplex befasst sich primär mit den Wechselbeziehungen zwischen Organismen und den auf sie wirkenden Umweltfaktoren, aber auch im weiteren Sinn zwischen einzelnen unbelebten Umweltfaktoren.

Der innovations report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Klimaschutz, Landschaftsschutzgebiete, Ökosysteme, Naturparks sowie zu Untersuchungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer