E-Government-Tempo in deutschen Städten unterschiedlich hoch

Neben einer Erweiterung des elektronischen Informationsangebots wird damit vor allem die Kommunikation zwischen Behörden, Unternehmen und Privatpersonen verbessert. Trotz breiter Zustimmung zu der Richtlinie, stehen viele Kommunen bei der Umsetzung noch am Anfang.

Nicht einmal drei Prozent der Verwaltungseinrichtungen haben die erforderlichen Projekte abgeschlossen. Gut jede fünfte Großstadt hat bisher keinerlei Schritte in Richtung Umsetzung unternommen. Bei den mittelgroßen Städten zeigt sich bisher mehr als jeder dritte Behördenchef tatenlos. Das sind die Ergebnisse der Studie Branchenkompass Public Services 2007 von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.

Die Kommunikation per E-Mail und Internetportal soll Bürgern und Unternehmen den persönlichen Besuch und Anruf bei Behörden ersparen. Die Richtlinie fordert von den Kommunen unter anderem, die Verwaltungsdienstleistungen für Betriebe zu vereinfachen. Sie sollen diese auch per E-Mail oder per Internetauftritt abrufen können.

Aktuell herrscht hier noch eine große Zuständigkeitsvielfalt unterschiedlicher Verwaltungsstellen. Behördengänge bedeuten deshalb für Gewerbetreibende häufig einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand. 52 Prozent der befragten Kommunen wollen bis Ende 2009 einheitliche Abläufe zwischen der eigenen Verwaltung und den Gewerbetreibenden einführen. Davon soll auch der Bürger profitieren: Die Verwaltungen planen hier unter anderem elektronische Dienstleistungen im Einwohnermeldewesen sowie ein Angebot von Verwaltungs- und Steuerformularen. Beispielsweise können Bürger Reisepässe und Personalausweise auf dem elektronischen Weg beantragen. Dabei steht die Benutzerfreundlichkeit im Vordergrund. Jede vierte Kommune möchte beispielsweise die Bearbeitung von Anträgen ohne Signatur ermöglichen.

Internetportale und Online-Dienste per E-Mail stehen im Fokus der E-Government-Maßnahmen. Reine Informationsangebote sind auf kommunaler Ebene bereits heute Standard. Die Richtlinie sieht darüber hinaus vor, Anfragen aus dem Ausland bearbeiten zu können. Sieben von zehn befragten Kommunen wollen deshalb ein mehrsprachiges Portal anbieten. Neben Online-Portalen wollen fast neun von zehn Kommunen ihrer Kundschaft ermöglichen, sämtliche Verwaltungsangelegenheiten per E-Mail abzuwickeln. Eine knappe Mehrheit der Kommunen plant zudem, Neubürgern und neu angesiedelten Unternehmen bei Verwaltungsangelegenheiten Fall-Manager zur Seite zu stellen. Sie sollen ihnen Behördengänge erleichtern oder ganz abnehmen.

Der Grund für die Zurückhaltung bei der Umsetzung der Richtlinie ist in vielen Behörden vor allem der große Abstimmungsbedarf: Einheitliche Standards für Bund, Länder und Gemeinden sind noch rar; die Zuständigkeiten zwischen den Verwaltungsebenen sind gegenwärtig noch sehr stark miteinander verwoben. Allerdings haben rund 38 Prozent der Städte und Gemeinden zumindest mit konkreten Planungen begonnen. Knapp 30 Prozent der befragten Verwaltungen setzten immerhin teilweise Maßnahmen um.

Die größte Herausforderung für die Verwaltungen ist dabei, die internen Abläufe an die neuen Anforderungen anzupassen. 43 Prozent der Befragten nennen als großes Hindernis das Fehlen entsprechender technischer Lösungen. Hier stehen die notwendigen Beschlüsse auf

Bundes- und Landesebene noch aus. Vor einer ähnlich großen Herausforderung stehen die Behörden beim Bestimmen eines einheitlichen Ansprechpartners. Offen ist insbesondere, wer diesen stellen wird. Insgesamt überwiegt in den meisten Städten der Plan, eine separate Stelle für die Funktion des einheitlichen Ansprechpartners einzurichten. 42 Prozent der befragten Kommunen sprechen sich dafür aus, ein Backoffice einzurichten, um per E-Mail oder Telefon Anfragen zu bearbeiten.

Für die technische Umsetzung planen die Städte und Gemeinden umfangreiche Investitionen in die IT-Systemlandschaft. Bereits heute nutzt die große Mehrheit der Städte ein Intranet für elektronische Abläufe. Dies allein genügt nicht. Deshalb wollen 87 Prozent der Kommunen mit Workflow-Management- sowie Content-Management-Systemen ihre Verwaltungsabläufe beschleunigen und über das Internet zur Verfügung stellen. Damit Bürger und Unternehmen auch Zahlungsvorgänge online abwickeln können, setzen rund sieben von zehn Befragten künftig Payment-Systeme ein. Großstädte sind hier Vorreiter bei der

Umsetzung: Sie wollen deutlich mehr E-Government-Software einsetzen als mittlere oder Kleinstädte.

Uneinigkeit herrscht hinsichtlich der Frage, wer die Umsetzung der Richtlinie in den Kommunen übernehmen soll. 44 Prozent der befragten Städte und Gemeinden haben die Verantwortung ihrer IT-Verwaltung oder einem externen IT-Dienstleister übertragen. Nur in 29 Prozent der befragten Kommunen befasst sich das Hauptamt federführend mit den Aufgaben. Ein Fünftel der Kommunalverwaltungen machen das Projekt EU-Dienstleistungsrichtlinie zur Chefsache. Hier liegt die Verantwortung beim Bürgermeister der Gemeinde. Generell hat die Digitalisierung der Behördendienstleistungen keine Sonderstellung vor anderen Projekten. 15 Prozent der befragten Kommunen haben allerdings bereits eine separate Organisationseinheit installiert, die sich allein mit dem Aufgabenfeld rund um die Elektronisierung des Dienstleistungsangebots befasst.

Hintergrundinformationen
Für den Branchenkompass Public Services 2007 informierten im Juni und Juli 2007 100 Top-Entscheider deutscher Groß- und Mittelstädte im Rahmen einer Befragung zu Maßnahmen und Strategien ihrer Kommunalverwaltungen in Bezug auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie.

Die Befragten sind in ihren Kommunen für die Umsetzung der Richtlinie verantwortlich. Die Marktforschungsgesellschaft forsa führte die Erhebung in Telefoninterviews durch. Daneben wurden Entscheider in den Landesregierungen mehrerer Länder telefonisch zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie interviewt.

Die EU-Dienstleistungsrichtlinie
Die EU-Dienstleistungsrichtlinie behandelt im Kern die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungsanbietern im gesamten Gebiet der Europäischen Union. Zur Vereinfachung der Freizügigkeit sind verschiedene Instrumente vorgesehen, um Ausländerdiskriminierung zu vermeiden und Verwaltungsprozesse zu vereinfachen. Hierzu gehört die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners, der für den Niederlassungswilligen alle Verwaltungsakte bündeln soll. Hier können Bundes-, staatliche, kommunale und berufsständische Zuständigkeiten betroffen sein. Zudem sollen die notwendigen Verwaltungsprozesse elektronisiert und auch aus der Ferne bedienbar sein.

Mehrsprachigkeit der Verwaltungen ist eine weitere Forderung. Die Dienstleistungsrichtlinie befindet sich derzeit in der Bearbeitung beim Bundesinnen- und Bundeswirtschaftsministerium, um die notwendigen Gesetze und Richtlinien vorzubereiten.

Media Contact

Roland Heintze presseportal

Weitere Informationen:

http://www.steria-mummert.de

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