Göttinger Schüler untersuchen Strahlung einer kosmischen Quelle

Schüler an zwei Göttinger Gymnasien haben mit einem Teleskop der Universität Göttingen in den USA ein halbes Jahr lang die Umlaufperiode eines so genannten Doppelsternsystems in 1.000 Lichtjahren Entfernung von der Erde beobachtet.

Die Ergebnisse ihrer Forschung erscheinen diesen Monat in der renommierten europäischen Fachzeitschrift „Astronomy & Astrophysics“. In der Arbeitsgemeinschaft Astrophysik am Max-Planck-Gymnasium forschten unter Anleitung des Physiklehrers Jens Diese die Oberstufenschüler Alexander-Maria Ploch und Joschua Zachmann sowie Sang Paik vom Felix-Klein-Gymnasium. Betreut wurden sie von Prof. Dr. Klaus Beuermann und Dr. Frederic Hessman vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen in Zusammenarbeit mit Dr. Axel Schwope vom Astrophysikalischen Institut Potsdam.

Von Januar bis Juni 2009 nutzte die Gruppe das Teleskop am McDonald-Observatorium in Austin, Texas per Fernsteuerung über das Internet. Die Schüler beobachteten die wechselnde optische Helligkeit des Doppelsternsystems EK Ursae Majoris, das aus einem massereichen, sehr kleinen „Weißen Zwerg“ und einem normalen Stern besteht. Aufgrund seiner enormen Anziehungskraft entzieht der Weiße Zwerg dem Stern gasförmige Materie.

Beide Sterne sind auch helle kosmische Röntgenquellen. Durch den Materieaustausch ändert sich die Helligkeit der Sterne sowohl innerhalb von Minuten als auch periodisch über eine Umlaufzeit der beiden Sterne umeinander von knapp zwei Stunden. Den Schülern gelang es, mithilfe der Helligkeitsmessungen die Umlaufperiode und damit die jeweilige Orientierung der beiden Sterne zueinander genau zu bestimmen. Ihre Daten erlauben auch eine Neuinterpretation der von US-amerikanischen Satelliten seit 1979 aufgenommenen Röntgenstrahlung des Doppelsternsystems.

„Wir haben herausgefunden, dass die Umlaufperiode der beiden Sterne in den vergangenen 30 Jahren bis auf eine halbe Millisekunde konstant war“, erklärt Teamleiter Prof. Beuermann. Die Ergebnisse erlauben einerseits Rückschlüsse auf die Emissionsprozesse auf dem Weißen Zwerg und in seiner Umgebung, andererseits lassen sich die Umlaufbewegungen so über rund 137.000 Perioden zurückverfolgen. Neben der Forschung ist für Prof. Beuermann wichtig, dass die Schüler den Weg zu einer wissenschaftlichen Veröffentlichung im „peer-review“-Verfahren kennen lernen. Dabei beurteilen externe Wissenschaftler, ob die Ergebnisse wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen und veröffentlicht werden können.

Das McDonald-Observatorium in Texas beherbergt eins von zwei Teleskopen der Universität Göttingen, die die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung im Jahr 2000 mit 1,4 Millionen Euro finanzierte. Das zweite steht in Südafrika, beide haben einen Spiegeldurchmesser von je 1,20 Meter. Ziel der Stiftung war die Förderung des naturwissenschaftlichen Unterrichts an Schulen; deshalb stehen 40 Prozent der Beobachtungszeit Schulen zur Verfügung. Die Möglichkeit, dort über das Internet zu forschen, nutzen zurzeit rund 100 Lehrer mit ihren Schülern in Deutschland und den USA. Die Arbeitsgemeinschaft Astrophysik am Max-Planck-Gymnasium wird im laufenden Schuljahr mit einer neuen Schülergruppe fortgesetzt. Der Artikel in „Astronomy & Astrophysics“ kann im Internet kostenpflichtig unter http://www.aanda.org abgerufen werden. Als Vorabdruck ist er unter http://de.arxiv.org/abs/0911.1270 verfügbar.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Klaus Beuermann
Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Astrophysik
E-Mail: beuermann@astro.physik.uni-goettingen.de
Jens Diese, Max-Planck-Gymnasium
E-Mail: jensdiese@gmx.de
Andreas Flemming, Felix-Klein-Gymnasium
E-Mail: andreas-flemming@web.de

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Dr. Bernd Ebeling idw

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