Langsame Ionen für schnelle Blitze

Hannover Messe, 15.-20.04.2002, Halle 18, 1.OG, Stand M16

Neue Ionenquelle eröffnet Atomteilchen neue Einsatzmöglichkeiten

Ionen sind heute aus Medizin, Technik und Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken. Die elektrischen Teilchen werden gegen Krebsgeschwüre eingesetzt. Ionen-Projektile verändern Metalloberflächen im Milliardstel-Millimeter-Bereich, sie schaffen die Masken für Computerchips und mit ihrer Hilfe lassen sich extrem präzise Messungen realisieren.
Besonders interessant für die Forscher sind langsame, extrem hoch geladene Ionen. Derartige Ionen entstehen aus den elektrisch neutralen Atomen, indem sie diesen Elektronen „entrissen“ werden. Je mehr Elektronen aus der äußeren Atomhülle entfernt werden, desto höher ist die Ladung der Ionen.
Doch die Herstellung der elektrischen Teilchen ist aufwändig und dementsprechend teuer. Gemeinsam mit der Leybold Vakuum Dresden GmbH und russischen Wissenschaftlern entwickelte eine Arbeitsgruppe um Privatdozent Dr. Günter Zschornack vom Institut für Kern- und Teilchenphysik der Technischen Universität Dresden eine neuartige Ionenquelle. Ihr Name „DEBIT“ steht für Dresden Electron Beam Ion Trap.
Schon optisch unterscheidet sie sich deutlich von bisherigen Quellen. „Unsere Ionenquelle ist mit einer Länge von rund 30 Zentimetern und einem Gewicht von etwa zehn Kilogramm relativ klein“, erläutert Dr. Zschornack. „Im Vergleich dazu weisen die bisherigen Quellen wesentlich größere Abmessungen auf.“
Spektakulärer sind aber die Veränderungen im Inneren. Die Dresdner können auf supraleitende Magnete und extreme Kühlung nahe dem absoluten Nullpunkt verzichten. Sie pressen die in die Ionenfalle einströmenden Atome mit Magneten zusammen und beschießen sie dann mit einer Elektronenkanone. Der Elektronenstrahl reißt den Atomen ihre Elektronen aus der Hülle heraus und macht sie so zu geladenen Ionen. Diese werden durch ein elektrisches Feld aus dem Elektronenstrahl „herausgefischt“ und gesammelt.
Mit DEBIT lassen sich Ionen aus fast allen Elementen über das gesamte Spektrum des Periodensystems hinweg erzeugen, so zum Beispiel aus den Metallen Eisen, Nickel, Iridium, den Edelgasen Krypton und Xenon oder aus Quecksilber. Je nach eingesetztem Element strahlt die Ionenfalle eine ganz typische Röntgenstrahlung, eine sogenannte Vakuum- Ultraviolett- Strahlung oder sichtbares Licht aus.
„Mit unserer neuen, zum Patent angemeldeten Technik wird es gegenüber bekannten Quellen möglich, hochgeladene Ionen in größerem Maßstab in der Forschung und Technologie extrem wirtschaftlich einzusetzen“, äußert Dr. Zschornack. Zu den Anwendungen, die der Dresdener Wissenschaftler ins Auge fasst, gehört die Plasmaphysik ebenso wie die Astrophysik. Explodiert ein Stern, entstehen viele Ionen. Deren Spektrallinien müssen die Astronomen kennen, um zu verstehen, was im Kosmos abläuft.
Doch nicht nur zur Erforschung der Weiten des Weltalls eignet sich DEBIT, auch kleinste Strukturen profitieren von der Ionenfalle. Künftig werden Chips mit Vakuum-Ultraviolett-Strahlung beschrieben. Nur so lassen sich noch mehr Strukturen auf die Siliziumplättchen bringen. Datenspeicher hingegen könnten künftig per Ionenbeschuss entstehen, die Teilchen verändern dabei nur die obersten Atomlagen.
„Diese Fähigkeit unserer langsamen hoch geladenen Ionen, Materialien nur in Nanometerbereich zu beeinflussen, lässt viel Raum für Phantasien. Ich glaube, das Anwendungspotential auf diesem Gebiet lässt sich derzeit nur ahnen“, urteilt Dr. Zschornack.

Informationen: PD Dr. Günter Zschornack, Tel. (0 35 01) 53 00 50, E-Mail:  zschornack@physik.tu-dresden.de

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Birgit Berg idw

Weitere Informationen:

http://www.physik.tu-dresden.de/apg/

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