Verband zeigt Infektionen an

(© Fraunhofer EMFT)

Ob ein kleiner Schnitt mit dem Obstmesser, eine Operationswunde oder eine größere Verletzung durch einen Sturz: das körpereigene Abwehr- und Reparatursystem wird sofort aktiv und versucht, die Wunde so schnell wie möglich zu schließen.

Kleine Verletzungen verheilen meist innerhalb weniger Tage. Klaffen Wundränder jedoch auseinander, dauert der Heilungsprozess länger – es kann noch Tage später zu einer Infektion kommen. Ein Verband schützt die angegriffene Haut zwar, zur Wundkontrolle muss er jedoch entfernt werden.

Dies kann für den Patienten nicht nur schmerzhaft sein, es besteht zudem die Gefahr, dass Keime in die Wunde gelangen. Forscher der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT in München haben jetzt Verbandmaterialien und Pflaster entwickelt, welche krankhafte Veränderungen der Haut anzeigen: Liegt eine Infektion vor, sieht man einen Farbwechsel von gelb nach violett.

Dr. Sabine Trupp, Wissenschaftlerin am EMFT, erklärt die chemische Reaktion: »Wir haben einen eigens entwickelten Indikatorfarbstoff, der auf unterschiedliche pHWerte reagiert, in einen Verband und in ein Pfl aster integriert. Gesunde Haut und abgeheilte Wunden weisen in der Regel einen pH-Wert von unter 5 auf. Steigt dieser Wert, so bewegt er sich vom sauren in den alkalischen Bereich. Dies deutet auf Komplikationen bei der Wundheilung hin. Bei einem pH-Wert zwischen 6,5 und 8,5 liegt häufi g eine Infektion vor, der Indikatorfarbstreifen färbt sich violett.« Das intelligente Verbandmaterial ermöglicht somit eine regelmäßige Wundkontrolle von außen, die den Heilungsverlauf nicht störend beeinträchtigt.

Die Herstellung des Farbkontrollstreifens hat die Forscher vor hohe Anforderungen gestellt, schließlich sollte er gleich mehrere Voraussetzungen erfüllen: »Der Farbstoff muss chemisch stabil an die Fasern des Verbandmaterials beziehungsweise des Pflasters gebunden sein. Nur so ist gewährleistet, dass er nicht in die Wunde gelangt. Zugleich muss der Indikator eine deutliche Farbänderung anzeigen und darüber hinaus im richtigen pH-Bereich sensitiv reagieren«, sagt Trupp. All dies ist den Experten gelungen. Ein Prototyp des Verbands liegt bereits vor, erste Tests sind erfolgreich verlaufen. Auch über eine Weiterentwicklung ihres Produkts denken die Forscher bereits nach. Künftig sollen in den Verband integrierte optische Sensormodule den pH-Wert messen und die Ergebnisse am Display eines Lesegeräts anzeigen. Mit dieser Methode ließe sich der Wert präzise ablesen, ein Rückschluss auf den Wundheilungsprozess wäre möglich.

Doch wie geht es weiter? Als nächstes steht die klinisch-dermatologische Anwendung in der Klinik und Poliklinik für Dermatologie der Universität Regensburg an. Dr. med. Philipp Babilas wird das Projekt von medizinischer Seite betreuen: »Unsere bisherigen Studien zum pH-Wert in akuten wie auch in chronischen Wunden haben gezeigt, dass er eine zentrale Rolle in der Wundheilung spielt.« Derzeit sind Dr. Trupp und ihr Team auf der Suche nach einem Industriepartner, um den Verband kommerziell produzieren zu können.

Media Contact

Dr. rer. nat. Gerhard Mohr Fraunhofer Mediendienst

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