Gallenblasenkrebs: Besser mehr als zuwenig Leber entfernen

Gallenblasenkrebs greift im fortgeschrittenen Stadium häufig auf die Leber über. Die schlechte Überlebenschance der Patienten lässt sich offenbar deutlich verbessern, wenn bei der chirurgischen Entfernung des Tumors mehr und gezielter Lebergewebe mit herausgeschnitten wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine klinische Langzeitstudie, mit der sich der Medizinstudent Ulrich Fetzner von der Uni Würzburg im Rahmen seiner Doktorarbeit befasst.

Der Krebs der Gallenblase ist der fünfthäufigste Tumor des Verdauungstraktes und betrifft häufig Frauen im höheren Lebensalter. Die Prognose ist meist sehr schlecht, da lange Zeit keinerlei Beschwerden auftreten. Daher wird die Erkrankung in der Regel erst in sehr weit fortgeschrittenen Stadien entdeckt.

Der Tumor breitet sich rücksichtslos in die Umgebung aus, greift etwa auf die benachbarte Leber und die angrenzenden Lymphknoten über. „Der dann notwendigen chirurgischen Entfernung stehen vor allem europäische Mediziner sehr pessimistisch gegenüber“, sagt Fetzner. Grund dazu gibt es, denn im Durchschnitt erleben nur sechs bis zehn von 100 Patienten mit einem fortgeschrittenen Tumor das fünfte Jahr nach der Diagnosestellung, wie aus Studien bekannt ist. Um das zu ändern, gibt es laut Fetzner nur zwei Chancen: Die Verbesserung der Früherkennung und der chirurgischen Therapie. Doch was das Ausmaß und die Art der Entfernung von Lebergewebe betrifft, hätten die Fachleute sehr unterschiedliche Ansichten.

Im Rahmen seiner Doktorarbeit, die er unter der Betreuung von Prof. Dr. Karl-Joseph Paquet an der Uni Bonn durchführt, hat Fetzner gezeigt: Mit einer konsequenten Operationsstrategie, bei der auf die adäquate und unter Umständen ausgedehnte Entfernung von Lebergewebe geachtet wird, konnte eine Fünfjahres-Überlebensrate von 55 Prozent erzielt werden. „Allerdings scheint nur ein Teil der Patienten von dieser Operationsart zu profitieren, nämlich diejenigen, bei denen sich der Tumor ausschließlich in das Leberbett ausgebreitet hat – was aber sehr häufig der Fall ist.“ Außerdem habe sich gezeigt, dass das Operationsrisiko, also die Erkrankungs- und Sterbewahrscheinlichkeit während und kurz nach dem Eingriff, weitaus geringer ist als angenommen.

„Erstaunlich sind diese Ergebnisse eigentlich nicht“, wie Fetzner sagt. Erst kürzlich sei entdeckt worden, dass, lange bevor der Krebs für das Auge des Operateurs sichtbar in spezielle Bereiche der Leber einbricht, dort bereits so genannte „okkulte Mikrometastasen“ auftreten können. Entfernt der Operateur nur die Gallenblase oder ist er beim Herausschneiden von Lebergewebe zu sparsam oder nicht an den Lokalisationen der Metastasen orientiert, so verbleiben diese im Körper. Sie können dann Ausgangspunkt für das erneute Auftreten der Erkrankung sein; die Patienten sterben binnen weniger Monate.

Nach Ansicht von Fetzner und Paquet liegt es unter anderem an der Missachtung dieser Erkenntnis, dass heute zu viele Patienten mit fortgeschrittenem Gallenblasenkrebs der Chance einer Heilung beraubt werden. Prof. Paquet, der international als Experte der Gefäß-, Pfortader- und Leberchirurgie gilt, entstammt der Bonner chirurgischen Universitätsklinik, wo er 1969 an der ersten Lebertransplantation in Deutschland beteiligt war. Er ist seit langer Zeit Befürworter eines radikaleren chirurgischen Vorgehens beim Gallenblasenkrebs. Gleichartige Impulse kommen seit kurzem vorwiegend aus Japan.

Kontakt:

Ulrich Fetzner
Telefon: (0971) 99719
Telefax: (0971) 785 27 20
E-Mail: ulrich.fetzner@gmx.de

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Robert Emmerich idw

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