Auf der Suche nach zusätzlicher Beschäftigung – Dienstleistungspools

Institut Arbeit und Technik rät zur Förderung von Pools und Agenturen im Bereich haushaltsbezogener Dienstleistungen

Wie und wo kann zusätzliche Beschäftigung geschaffen werden? Derzeit konzentriert sich die Debatte auf generelle Fördermodelle, die durch Einkommensbeihilfen an Beschäftigte die Arbeitsanreize von Arbeitslosen erhöhen sollen. Die möglichen Beschäftigungseffekte scheinen eher gering, die Kosten insbesondere, wenn auch alle bereits bestehenden Arbeitsplätze mit niedrigen Einkommen gefördert würden, extrem hoch. Mitnahme- und Verdrängungseffekte sind keineswegs auszuschließen.

„Warum setzt man nicht gezielt in bestimmten Beschäftigungsbereichen wie etwa haushaltsbezogenen Dienstleistungen an, die wirklich zusätzliche Beschäftigungschancen bieten würden?“ fragen die Arbeitsmarktforscherinnen Susanne Bittner und Dr. Claudia Weinkopf vom Institut Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen.

Seit Jahren werden so genannte Dienstleistungspools und -agenturen – meist mit zeitlich befristeter öffentlicher Förderung – bundesweit erprobt. Diese bieten haushaltsbezogene Dienstleistungen professionell an und schaffen damit reguläre Arbeitsplätze in einem Bereich, in dem das Ausmaß der Schwarzarbeit enorm hoch ist. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung von Modellprojekten in Nordrhein-Westfalen, die das IAT im Auftrag des NRW-Frauenministeriums durchgeführt hat, zeigen ebenso wie Erfahrungen in anderen Bundesländern, dass sich hier wirklich neue Arbeitsplätze schaffen lassen. Verdrängt wird allenfalls die Schwarzarbeit.

Die Beschäftigten haben bei den Pools die Möglichkeit, sozialversicherungspflichtig tätig zu sein, was im Bereich haushaltsbezogener Dienstleistungen bislang kaum der Fall ist. Sie werden zwar in mehreren Haushalten eingesetzt; ihr Arbeitgeber ist aber der Pool. Dieser bietet Anleitung, Unterstützung bei Konflikten und oftmals auch Qualifizierung. Die Erfahrungen zeigen, dass es durchaus eine Nachfrage nach solchen legalen Dienstleistungsangeboten gibt, die auch für wenige Stunden in der Woche in Anspruch genommen werden können. Die Kunden müssen sich nicht darum kümmern, geeignete Haushaltshilfen zu finden und zu beaufsichtigen. Monatlich wird eine Rechnung gestellt; die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben übernimmt der Pool. Die Preise pro Dienstleistungsstunde liegen inzwischen deutlich höher als auf dem Schwarzmarkt (bei ca. 15 Euro), denn die Qualität und Entlastung lassen sich die Kunden durchaus etwas kosten.

„Allerdings reichen die derzeit am Markt erzielbaren Preise nicht aus, um alle anfallenden Kosten decken zu können. Deswegen mussten bereits einige Initiativen aufgeben und ihre Beschäftigten entlassen“ – so Susanne Bittner und Dr. Claudia Weinkopf. „Warum nicht hier gezielt ansetzen?“ Die Kosten für eine Unterstützung von Dienstleistungspools und -agenturen lägen deutlich niedriger als das, was für eine flächendeckende Niedriglohnsubvention aufgebracht werden müsste. Zudem würde das eingesetzte Geld nicht nur die Entstehung zusätzlicher Arbeitsplätze fördern, sondern gleichzeitig auch zur Entlastung im Alltag beitragen.

Im Unterschied zum oftmals kritisierten so genannten „Dienstmädchenprivileg“, das eine steuerliche Absetzbarkeit von Kosten für Haushaltshilfen vorsah und das Ende 2001 abgeschafft worden ist, sollte die Förderung außerhalb des Steuerrechtes angesiedelt werden. Möglich wären einerseits eine direkte Subventionierung der Pools oder andererseits auch Zuschüsse an die Kundinnen und Kunden. Bei beiden Varianten wäre sicher gestellt, dass auch einkommensschwache Familien und Rentner, die oft nur Unterstützung für wenige Stunden pro Woche nachfragen, die Zuschüsse nutzen können. Eine einseitige Begünstigung der „besser Verdienenden“, die gegen die steuerliche Förderung zu Recht eingewandt worden ist, wäre damit ausgeschlossen.

Mit einem ähnlichen Fördermodell sind im sehr viel kleineren Dänemark in den vergangenen Jahren etwa 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen worden. „Ob dies oder sogar mehr auch in Deutschland gelingen könnte, wäre zumindest einen Versuch wert“, meinen die IAT-Forscherinnen. Eine deutliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit in Deutschland wird ohnehin nicht mit einem einzigen Instrument gelingen. Vielmehr erfordert dies neue Akzentsetzungen in vielen Bereichen. Die Förderung von Dienstleistungspools wäre ein Baustein, dem weitere folgen müssten – z.B. eine deutliche Verbesserung der Infrastruktur zur Kinderbetreuung und mehr Ganztagsschulen.

Für weitere Fragen stehen
Ihnen zur Verfügung:
Dr. Claudia Weinkopf
Durchwahl: 0209/1707-142
Susanne Bittner
Durchwahl: 0209/1707-255


Pressereferentin
Claudia Braczko

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45886 Gelsenkirchen

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Fax: +49-209/1707-110
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