Treibhausgase aus Sibirien

Messfeld zur Erfassung von Klimadaten und Bodendaten im Lenadelta

Am 11. September wird ein Potsdamer Expeditionsteam unter Leitung von Prof. Dr. Hans-Wolfgang Hubberten nach insgesamt elf Wochen Forschungstätigkeit aus Sibirien zurückerwartet. Fünfzehn Wissenschaftler und Techniker der Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) für Polar- und Meeresforschung sowie zwölf russische Kollegen nahmen an der fünften Expedition ins Lenadelta teil. Sie sammelten Daten für die Berechnung vergangener und zukünftiger Klimaentwicklungen.

Der dauerhaft gefrorene Boden Sibiriens ist eine ergiebige Quelle der Treibhausgase Methan und Kohlendioxid. Beide Gase haben großen Einfluss auf das globale Klima. Forschungen zeigen, dass schon geringe Änderungen der Umweltbedingungen in der Arktis sich auf das Klimageschehen beispielsweise in Deutschland auswirken können.

Klimagase im Lenadelta
Seit fünf Jahren beobachten Wissenschaftler der Forschungsstelle Potsdam des AWI jeden Sommer die Methan- und Kohlendioxidfreisetzung auf einem Dauermessfeld im zentralen Lenadelta. Zusätzlich zu diesen Langzeitmessungen wurde erstmals in diesem Jahr eine Lasermesstechnik eingesetzt, die Methan, Kohlendioxid und andere Klimadaten hochempfindlich in der bodennahen Atmosphäre misst. Sie sollen in ein internationales Messnetz zur Überwachung der Freisetzung von Treibhausgasen einfließen.

Mikrorganismen im Permafrost
In den Tundrenböden sind große Mengen an organischem Material gespeichert. Während des kurzen arktischen Sommers, in dem die Dauerfrostböden („Permafrostböden“) oberflächlich auftauen, wird das organische Material durch Mikroorganismen abgebaut und zu Methan und Kohlendioxid umgesetzt. Die Potsdamer Arbeitsgruppe Geomikrobiologie erforscht, was mit dem in Form von organischer Substanz gespeicherten Kohlenstoff passiert, wenn sich das globale Klima weiter erwärmt. Möglicherweise wird die Erwärmung durch eine vermehrte Emission von Treibhausgasen weiter verstärkt. Die neuen Messergebnisse aus Sibirien werden für Bilanz- und Modellrechnungen der Methanemissionen aus den sibirischen Tundren genutzt.

Mammutknochen erzählen Klimageschichte
Ein weiterer Schwerpunkt sind Studien zur Klimageschichte der eisreichen Küstenregion nordöstlich des Lenadelta. Globale und regionale Klimaschwankungen der letzten 2,5 Millionen Jahre riefen Veränderungen der Pflanzen- und Tierwelt hervor. Spuren davon sind noch heute im Permafrostboden zu finden. Küstenforschung findet vom Boot aus statt: Mit einem kleinen Motorboot gingen die Wissenschafter vom russischen Basisschiff „Pavel Baschmakov“ aus zwölf Mal an Land und sammelten Boden- und Pflanzenproben. Zahlreiche Mammutknochen, die durch Erosionsprozesse an den Küsten freigelegt wurden, geben ebenfalls Auskunft über die Umwelt früherer Zeiten. Besonders erfreut waren die Wissenschaftler über den geglückten Zugang zum nördlichsten Punkt der Insel Kotelny, der nur etwa alle sechs Jahre eisfrei ist.

Küstenentwicklung der letzten 500.000 Jahre
Die Untersuchung der bis zu 500.000 Jahre alten Permafrostsedimente dieser Küstenregion liefern den Forschern Informationen über die Entwicklungsgeschichte des Archipels und die Klimaverhältnisse in der Vergangenheit. Natürliche Prozesse wie Meeres- oder Winderosion beeinflussten die Küstenregionen, aber auch Veränderungen durch den Menschen. Laufend wird Material in den arktischen Ozean transportiert unter anderem auch Kohlenstoff, der im Permafrostboden gebunden war und nun, über natürliche Kreisläufe, wieder als Kohlendioxid oder Methan in die Atmosphäre gelangen kann. Diese Prozesse werden auch in Zukunft die Entwicklung dieser Küstenregionen und des Klimas bestimmen.


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Dipl.-Phys. Claudia Ratering idw

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