Biochemische Methoden gegen den Erreger der Schlafkrankheit
Die Afrikanische Schlafkrankheit gehört zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten, obwohl sie jährlich viele tausend Opfer fordert. Forscher an der Ruhr-Universität Bochum haben eine Strategie entwickelt, die krankheitsauslösenden Parasiten zu bekämpfen, indem sie ihnen die Energieversorgung abschneiden.
Dabei nutzen sie eine Reihe an biochemischen Methoden, um in das Zusammenspiel der Proteine einzugreifen. Darüber berichtet die Biologin Janina Wolf in RUBIN Junge Forschung, der der aktuellen Sonderausgabe des Wissenschaftsmagazins der Ruhr-Universität Bochum.
Tödlicher Stich einer Fliege
Die Schlafkrankheit fordert in Afrika jährlich rund 40.000 Opfer. Medikamente sind zu teuer oder haben gefährliche Nebenwirkungen. Übertragen wird die Krankheit durch den Stich der Tsetse-Fliege, bei dem mehrere Tausend einzellige Parasiten, Trypanosoma brucei, ins Blut gelangen, wo sie sich vermehren, bis sie ins zentrale Nervensystem eindringen. Erste Symptome sind Fieber, Kopfschmerz, Hautausschlag, später kommen Koordinations- und Schlafstörungen sowie Krampfanfälle. Irgendwann führt die Krankheit unweigerlich zum Tod.
Die Achillesferse des Parasiten
Die Bochumer Forscher versuchen den Parasiten an seiner Achillesferse zu treffen: der Energieversorgung. Der Stoffwechselschritt des Glukose-Abbaus erfolgt in bestimmten Organellen, den Glykosomen. Damit die Energiegewinnung funktioniert, müssen die notwendigen Enzyme in die Glykosomen importiert werden. Dafür wiederum müssen verschiedene Proteine, sog. Peroxine, zusammenwirken. Einige dieser Interaktionen zu blockieren ist Ziel der Forscher, um die Energieversorgung des Parasiten zu stören.
Test zeigt, ob Hemmstoffe wirken
Als ersten Schritt haben sie einen Test entwickelt, der die Interaktion zwischen bestimmen Peroxinen sichtbar machen kann. Er funktioniert durch das Ankoppeln bestimmter Antikörper an eines der beiden beteiligten Proteine. Die Antikörper binden außerdem an einen chemischen Farbstoff. Wenn die Bindung zwischen den beiden Partnern also funktioniert, ist ein Farbumschlag zu beobachten. Findet man einen Stoff, der die Bindung hemmt, schwächt sich der Farbumschlag ab. So können die Forscher verschiedene mögliche Hemmstoffe für die Bindung zwischen den beiden Proteinen testen. Dass der Test funktioniert, konnten sie schon belegen. Jetzt machen sie sich auf die Suche nach optimalen Hemmstoffen. Dabei nutzen sie auch Methoden, mit denen man die Struktur möglicher Hemmstoffe untersuchen kann, um den besten Wirkstoff zu finden.
RUBIN Junge Forschung
Sie schrieben ihre „Wissenschaftsgeschichten“ auf: Simone Heinemann – Das Spiel mit dem Risiko (Verantwortungsvoller Umgang mit Finanzderivaten), Christoph Kraume – Politik vom Schreibpult (Ein verschollenes Werk Ciceros als monarchistische Tendenzschrift), Olena Petrenko – Die Leben der Ljudmila Foja (Frauenschicksale im ukrainischen Widerstand), Anna Neumaier – Keine Tabus im virtuellen Bibelkreis (Religiosität online ausgelebt), Meike Mischo – Sehen und Fühlen auf der Nanoskala (Winzige Oberflächen sichtbar machen), Jan Schulze – „3+3+5=938“ (Experimentalphysiker blicken in die Tiefen der Materie), Matthias Tuma – Das Blubbern der Bombe (Lernende Computer spüren Atomtests in Unterwassersignalen auf), Julia Weiler – Zeitreisen (Hirnforscher untersuchen Gedankenwanderungen in Vergangenheit und Zukunft), Annika Cimdins – Manche mögen‘s heiß (Bakterien „messen“ Temperaturen mit RNA-Thermometern), Claudia Wolf – Gekonnt geparkt (Kognitive Mechanismen beim Einparken), Janina Wolf – Tatort: Reagenzglas (Die Schlafkrankheit im Visier der Biochemie), Michael Karus – Matrix reloaded again (Über die Funktion Neuronaler Stammzellen).
Weitere Informationen
Janina Wolf, Medizinische Fakultät, Institut für Physiologische Chemie, Abteilung für Systembiochemie, Tel. 0234/32-27378, E-Mail: janina.wolf@rub.de
Redaktion: Meike Drießen
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