Besser als ihr Ruf: Bildungsmaßnahmen am Übergang Schule – Berufsausbildung

Eine neue Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt jedoch, dass das Übergangssystem – bei aller berechtigten Kritik – besser ist als sein Ruf. Vor allem Jugendliche ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss können ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz deutlich verbessern, wenn sie eine Übergangsmaßnahme durchlaufen.

Dies gilt insbesondere, wenn sie dort auch noch einen höherwertigen Schulabschluss erreichen. Für Realschulabsolventen/-innen entsteht der Vorteil, dass sie zum Beispiel mit dem Erwerb der Fachhochschulreife ihre Ausbildungsmöglichkeiten erweitern. Allerdings: Ihre Chancen, in eine vollqualifizierende Berufsausbildung einzumünden, erhöhen sich durch eine abgeschlossene Übergangsmaßnahme nicht nachweislich. Die Ergebnisse der BIBB-Studie sind veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe von BIBB REPORT, Heft 11/09.

Die BIBB-Übergangsstudie hat ergeben, dass von allen Hauptschul- und Realschulabsolventen/-innen in den vergangenen Jahren knapp ein Drittel (32 %) an Bildungsmaßnahmen des Übergangssystems teilgenommen hat. Bei den Jugendlichen, die maximal über einen Hauptschulabschluss verfügen, ist dieser Anteil mit 42 % fast doppelt so hoch wie bei denjenigen mit einem mittleren Schulabschluss (23 %).

Die Teilnehmer/-innen an den Übergangsmaßnahmen haben im Durchschnitt erheblich ungünstigere schulische Voraussetzungen im Vergleich zu den Jugendlichen, die ohne eine solche Maßnahme einen Ausbildungsplatz erhalten. Sie verfügen weit häufiger über einen niedrigeren oder keinen Schulabschluss und haben zudem auch schlechtere Schulnoten vorzuweisen. Mehr als der Hälfte der Teilnehmer/-innen gelingt allerdings innerhalb eines Jahres nach Ende der Maßnahme die Aufnahme einer vollqualifizierenden Berufsausbildung.

Mehr als einem Fünftel dieser Jugendlichen gelingt jedoch die Einmündung in eine Berufsausbildung selbst innerhalb von drei Jahren nicht. Hier zeigen sich laut BIBB-Studie problematische Verläufe: Oft werden weitere Übergangsmaßnahmen besucht oder ein Job angenommen, und viele dieser Jugendlichen bleiben auch über längere Phasen einfach zu Hause, weil sie keine Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeit finden.

Schlussfolgerungen der BIBB-Studie:

o Für Jugendliche, denen die für eine Ausbildung erforderlichen Voraussetzungen nicht durch die allgemeinbildende Schule vermittelt werden konnten, haben Bildungsmaßnahmen im Übergangssystem eine unverzichtbare Funktion. Dies gilt insbesondere für die berufsvorbereitenden Maßnahmen (BvB) der Bundesagentur für Arbeit und das schulische Berufsvorbereitungsjahr (BVJ). Durch diese Maßnahmen werden diese Jugendlichen erst in die Lage versetzt, erfolgreich eine Berufsausbildung zu durchlaufen.

o Für Jugendliche, die nach Beendigung der allgemeinbildenden Schule noch einen höherwertigen Schulabschluss erreichen wollen, haben teilqualifizierende Bildungsgänge ebenfalls eine wichtige Funktion, die in vielen Fällen auch erfolgreich erfüllt wird. So erwirbt mehr als die Hälfte der Absolventen/-innen von teilqualifizierenden Berufsfachschulen – zum Beispiel Handelsschulen – einen höherwertigen Schulabschluss.

o Allerdings: Wenn Jugendliche die erforderlichen Voraussetzungen für eine Berufsausbildung besitzen und eine solche auch anstreben, dann bedeutet ihre (unfreiwillige) Teilnahme an solchen Bildungsmaßnahmen nur eine Notlösung und „verlorene“ Zeit. Denn eine Anrechnung der Übergangsmaßnahmen auf eine nachfolgende Ausbildung erfolgt nur selten.

Für BIBB-Präsident Manfred Kremer kann eine Lösung nur darin liegen, diesen ausbildungs- und berufsreifen Jugendlichen unmittelbar eine vollqualifizierende Ausbildung zu ermöglichen. „Nur so können unnötige Warteschleifen vermieden werden.“ Solange aber nicht genügend betriebliche Ausbildungsplätze für diese Jugendlichen zur Verfügung stehen, wären öffentlich finanzierte, außerbetriebliche Ausbildungsmöglichkeiten und die Ausweitung vollqualifizierender Berufsausbildung an beruflichen Schulen – auch in den Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz – geeignete und notwendige Alternativen. „Alle Jugendlichen“, so Manfred Kremer, „müssen die Gewissheit haben, dass ihre Bildungsanstrengungen auch ohne Verzögerung in eine anerkannte Berufsausbildung führen. Ein frühzeitiger Bildungsausstieg aus Resignation, der mit hohen individuellen Lebensrisiken und beträchtlichen gesellschaftlichen Kosten verbunden ist, ist am Ende teurer als eine öffentlich finanzierte Berufsausbildung.“

Detailliertere Informationen enthält der neue BIBB REPORT 11/09 zum Thema „Verbesserung der Ausbildungschancen oder sinnlose Warteschleife? Zur Bedeutung und Wirksamkeit von Bildungsgängen am Übergang Schule – Berufsausbildung“. Die Ausgabe kann kostenlos im Internetangebot des BIBB unter http://www.bibb.de/bibbreport heruntergeladen werden.

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Andreas Pieper idw

Weitere Informationen:

http://www.bibb.de/bibbreport

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